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Österreichs Schützen sehen eine Ungleichbehandlung.

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Wien – Rund ums Waffengesetz wird derzeit scharf geschossen. Sport- und Traditionsschützen laufen gegen eine Regelung Sturm, nach der künftig nur Mitglieder größerer Vereine das Recht haben sollen, bis zu zehn Waffen zu besitzen. Konkret hat Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) bei der in Begutachtung geschickten Novelle eine Grenze von 100 Vereinsmitgliedern eingezogen, ab der das Privileg gilt.

Nicht nur zahlreiche Verbände und Vereine haben sich mit ihren Stellungnahmen auf die geplante Regelung eingeschossen, auch mehr als 100 Privatpersonen überziehen das Innenministerium mit einem regelrechten Shitstorm. Tenor: Kleine Vereine werden aussterben, wodurch auch ein Schaden für den Zusammenhalt der Gesellschaft in den betroffenen Ortschaften entstehe.

"Völlig praxisfremd"

Der Österreichische Schützenbund hält die Neufassung für "völlig praxisfremd", wie Präsident Herwig van Staa anprangert. Von den 684 österreichischen Schützenvereinen hätten nur 20 Prozent mehr als 100 Mitglieder. Der frühere Tiroler Landeshauptmann vermutet, dass die Unterscheidung verfassungswidrig sei, weil sie dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche, und fordert die Streichung der Bestimmung.

In die gleiche Kerbe schlägt Rudolf Hundstorfer, Präsident der Österreichischen Bundes-Sportorganisation (BSO). Kickls Differenzierung in nach dem Waffengesetz anerkannte und andere Vereine "führt zu einer unsachlichen Spaltung des Sports", hält der frühere Sozialminister (SPÖ) in seiner Stellungnahme fest. Selbst die Arbeiterkammer befürchtet in ihrer Stellungnahme wegen der Reform eine Gefährdung langjährig gewachsener Vereinsstrukturen. Überdies orten der BSO und der Schützenbund datenschutzrechtliche Probleme.

Fehlende Jugendarbeit

Die Kontrolle der Mitgliedergrenze sei wohl nur möglich, wenn personalisierte Angaben an die Behörden gesendet werden. Lediglich anonymisierte Daten seien möglich, dann sei aber die Überprüfbarkeit eingeschränkt.

Bernhard Frois vom Steiermärkischen Landesschützenbund meint, dass gerade in kleineren Gemeinden ein Aussterben von mitgliederschwachen Organisationen negative gesellschaftliche Folgen haben werde, weil die Vereine Jugendarbeit leisteten, soziale Aufgaben erfüllten und die Geselligkeit förderten. Und Frois befürchtet ein Abwandern von hochkarätigen Schützen, wenn ihr Stammverein die Mitgliedergrenze verfehlt.

Was besonders verärgert: Bei Jägern ist der Anspruch auf zehn Waffen ohne derartige Einschränkung im Entwurf verankert. Das wird als eine Ungleichbehandlung der Schützen erachtet. Frois' oberösterreichischer Kollege Rupert Klösch sieht das genauso: "Österreichs Sportschützen müssten bitten und betteln, um auch nur annähernd eine nutzbare Anzahl an genehmigungspflichtigen Schusswaffen zu erhalten, um im In- und Ausland auch nur irgendwie konkurrenzfähig zu sein."

Fünf Waffen reichen nicht

Doch warum ist die Aufregung so groß, dürfen doch unter gewissen Voraussetzungen jedenfalls fünf Waffen besessen werden? Laut Frois sind viele Sportschützen in mehreren Kategorien tätig – in der Steiermark beispielsweise seien 30 Disziplinen verbreitet. Wenn man nicht über die geeignete Waffe verfüge, sei man in Bewerben chancenlos. Frois: "Das wäre das Gleiche, wie wenn ein Slalomläufer mit Abfahrtskiern zum Rennen antreten müsste." Doch die Verbände sehen weitere Probleme. Die Novelle sieht vor, dass ein Sportschütze an mindestens drei Wettbewerben im Jahr teilnimmt, wenn er Anspruch auf mehr Waffen haben will. Zudem wird verlangt, dass er mindestens einmal im Monat trainiert. Die Kriterien würden gerade von Breitensportlern oft nicht erfüllt.

Die Zahl der absolvierten Wettkämpfe sei nicht relevant, heißt es aus den Verbänden. Insgesamt seien die Verschärfungen dazu angetan, "den Schießsport de facto umzubringen", schreibt der Oberösterreichische Landesschützenverband in seiner Stellungnahme. Die Verbände haben ihre Mitglieder ordentlich mobilisiert. (Andreas Schnauder, 2.11.2018)