"Wilbur" von Tex Rubinowitz.

"Die Speibbanane" von Rudi Klein (mit Texten von Dirk Stermann).

"Die kleine Unbildung" von Nicolas Mahler.

Finden Sie das lustig?" Über Witz, Humor, Esprit lässt sich natürlich streiten. Man kann Pointen auf ihre Brauchbarkeit oder Unkorrektheit abklopfen, man kann sie tiefenpsychologisch aufdröseln wie Freud oder in Anthologien, deren Autoren so drollige Namen wie Hanns G. Laechter haben, nach Themen sammeln. Man wird nichts beweisen können – witzig ist etwas nur im Auge beziehungsweise im Hirn des Betrachters. Aber man wird fragen dürfen: Was ist die Absicht, what's the point?

Konkret geht es um drei Bücher, die schon durch Karikaturen auf dem Umschlag signalisieren, dass sie es nicht ernst meinen, zumindest nicht nur. Es sind Neuerscheinungen von einer Art Dreigestirn am Firmament der Cartoonkunst in Österreich, von Nicolas Mahler, Rudi Klein und Tex Rubinowitz.

Beispiel eins ist Die kleine Unbildung, im Untertitel Liessmann für Analphabeten. Der emeritierte Philosophieprofessor ist auch Modell für eine Karikatur auf dem Cover, und es gehört zur Kunst von Mahler, dass er mit groben Strichen ein Männchen hingepinselt hat, welches auf den ersten Blick keinem Lebewesen ähnlich sieht und dann doch unverkennbar Konrad Paul Liessmann ist. Mahler hat in dem Bändchen für den Zsolnay-Verlag fortgesetzt, womit er bei Suhrkamp erfolgreich ist, nämlich schwergewichtige Texte von Musil, Bernhard und anderen aufs Äußerste zu verknappen und zu illustrieren. Hier hat er sich der Bestseller von Liessmann über Theorie (2006) beziehungsweise Praxis (2014) der Unbildung angenommen, Passagen zitiert und so lakonisch bebildert, wie es eigentlich nur er zustande bringt. Power-Point-Tortendiagramme, schreibt der Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik, "blockieren die Gedanken". Für Mahler muss Sisyphos so ein Diagramm ewig den Berg hinaufrollen.

Liessmann kennt man unter anderem eben als vehementen Kritiker technokratischer sogenannter Bildungsreformen, aber weniger als Scherzkeks. In den mittlerweile 22 von ihm geleiteten Philosophica Lech hat die kritische Kategorie des Humors, auch als gedanklich subversive Kraft, noch keine Rolle gespielt. Laut eigenem Bekunden aber schätzt er den ironischen Charakter von Mahlers Zeichnungen, die Zitatauswahl findet er großartig, das Buch hält er für einen möglichen Einstieg in Fragen der (Un-)Bildung. So soll's sein.

Jede Menge Anti-Pointen

Was der Autor und TV-Moderator Dirk Stermann für witzig hält, ist seit seiner launigen Bemerkung vor laufender TV-Kamera über Deportationen und die Unpünktlichkeit der ÖBB bekannt. Ein neu aufgelegter Text von ihm zeigt nun eine andere, ebenfalls merkwürdige Seite seines Humors. In der Speibbanane geht es um genau das, um eine Banane, die auf 13 äußerst dünn beschrifteten Seiten übers Meer auf einen Markt gebracht wird und wiederholt verkündet, dass sie "gleich speiben" muss. Die Sache geht gut aus, sie muss nicht, sie kehrt vielmehr glücklich und zufrieden in ihre Heimat zurück, wo sie den anderen Bananen erzählt, was sie immer gesagt hat. So weit, so köstlich für Fünfjährige und Erwachsene, die sich ein einfaches Gemüt bewahrt haben.

Dass das Buch dennoch auch für andere betrachtenswert ist, liegt an den Illustrationen von Rudi Klein. Er schmückt die jeweils rechten Seiten in Großbildern und Randvignetten mit einem Sammelsurium wunderlicher kleinteiliger Objekte, die mehr oder weniger Bezug zum Titelobst haben, mit Kisten, Palmen, Lieferwagen, Omas, lachenden Birnen und einem uralten Plattenspieler (auf dem vielleicht eine Platte immer wieder dieselbe Rille spielt).

Die dritte Neuerscheinung ist wohl die gewichtigste, nicht nur was ihren Umfang anbelangt. Die großformatige Bühne betritt eine Comicfigur, die seit 30 Jahren im Falter zu sehen ist, seit langem leider nur noch im Programmteil versteckt: Wilbur, der Schneemann, von Tex Rubinowitz in seinen frühen Jahren in Wien erschaffen und seither beharrlich der Sonne und den seltsamsten Interaktionen trotzend, ohne zu schmelzen.

In den rund 300 ausgewählten Strips geht es kaum um Action und schon gar nicht um fein ziselierten Realismus, vielmehr um Gespräche des Titelhelden mit einer Ente, einem Charlie-Brown-artigen Buben mit ständigem Rotzglöckerl und gelegentlich weiterem Personal. Sie folgen dann etwa folgender Logik: "Ich hab noch eine Niere im Ärmel." "Und was macht die Ofenkartoffel?" "Die hat sich im begehbaren Schuhschrank verkrümelt." Wie der Zeichner sagt, wird "eine Pointe geliefert oder eben nicht".

Nicht jeder wird, siehe oben, das lustig finden. Aber unabhängig davon kann man an der "aufregend fremden Welt eines Schneemanns" schätzen, wie sie die Grenzen des Komischen verschoben hat. Sowohl Rubinowitz wie Klaus Nüchtern erwähnen in ihren Nachworten Schnuffis Abenteuer als Vorbild. Der Strip von Lützel Jeman alias Robert Gernhardt (aus den seligen Zeiten der Zweiten Frankfurter Schule im Satiremagazin Pardon) sollte eigentlich eine Parodie auf Bildergeschichten sein. Tatsächlich war er eher ein Pionier, so wie eben Wilbur. Pointen überleben sich, an die neuen, ob Anti- oder Meta-Pointen, kann man sich gewöhnen, wenn man Lust dazu und Gespür dafür hat. Wilbur hilft einem dabei. "Oder wollen die Finger nur kuscheln?" Genau. (Michael Freund, 4.11.2018)