Simulation der Gasmassen, die auf einer kreisförmigen Bahn um das Schwarze Loch herumjagen.
Illustration: ESO/Gravity Consortium/L. Calçada

Köln – Unter Astronomen herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass sich im Zentrum der Milchstraße – so wie in den Kernen praktisch aller großen Galaxien – ein supermassereiches Schwarzes Loch befindet. Dieses wird mit Sagittarius A*, einer dort festgestellten Quelle von Radiowellen, gleichgesetzt. Das Objekt befindet sich gut 26.000 Lichtjahre von uns entfernt und wird auf eine Masse geschätzt, die vier Millionen Mal höher ist als die der Sonne.

Am Punkt ohne Wiederkehr

Eine plausible Hypothese ist allerdings noch kein Nachweis – dem ist ein internationales Astronomenteam nun aber so nahe gekommen wie noch nie. In der Fachzeitschrift "Astronomy & Astrophysics" berichten die Forscher, dass sie erstmals Materie nahe dem "Punkt ohne Wiederkehr" beobachtet haben.

European Southern Observatory (ESO)

Die Wissenschafter beobachteten dichte Ansammlungen von Gas, die in aberwitzigem Tempo auf dem innersten stabilen Orbit um das Schwarze Loch herumrasen. Noch näher ginge es nicht, sonst würde das Gas hinter dem sogenannten Ereignishorizont des Schwarzen Lochs verschwinden. "Es ist überwältigend, tatsächlich Zeuge zu sein, wie Material um ein massereiches Schwarzes Loch mit 30 Prozent der Lichtgeschwindigkeit umherläuft", sagte Oliver Pfuhl vom Max-Planck-Insitut für extraterrestrische Physik (MPE).

Messungen

Für seine nun in der Fachzeitschrift "Astronomy & Astrophysics" veröffentlichten Untersuchungen nutzte das Team das "Gravity"-Instrument am Very Large Telescope (VLT) der ESO in Chile. "Gravity" kombiniert das Licht der insgesamt vier VLT-Teleskope zu einem virtuellen Superteleskop mit einem Durchmesser von 130 Metern.

Bereits zu Beginn dieses Jahres hatten "Gravity" und ein weiteres VLT-Instrument namens "Sinfoni" es dem gleichen Forscherteam ermöglicht, den Vorbeiflug des Sterns S2 durch das extreme Gravitationsfeld des vermuteten Schwarzen Lochs im Milchstraßenzentrum genau zu vermessen. Zum ersten Mal wurden dabei die Auswirkungen nachgewiesen, wie sie von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie für solch eine extreme Umgebung vorhergesagt wurden.

"Schon immer eines unserer Traumprojekte"

Gleichzeitig registrierten die Wissenschafter eine starke Infrarotstrahlung. "Während unserer Beobachtungen hatten wir das Glück, drei helle Ausbrüche um das Schwarze Loch herum zu bemerken – es war ein glücklicher Zufall", erklärte Puhl zu den neuen Beobachtungen. Die Eruptionen gehen laut den Forschern auf hochenergetische Elektronen in unmittelbarer Nähe des Schwarzen Lochs zurück. Es wird angenommen, dass die Strahlung durch magnetische Wechselwirkungen im sehr heißen Gas im Orbit nahe Sagittarius A* verursacht wird.

Studienleiter Reinhard Genzel vom MPE sagte dazu: "Das war schon immer eines unserer Traumprojekte, aber wir wagten nicht zu hoffen, dass es so bald verwirklicht werden würde." Das Ergebnis der Forschungen sei "eine überzeugende Bestätigung der Lehrmeinung", dass es sich bei dem gewaltigen Objekt im Milchstraßenzentrum um ein supermassereiches Schwarzes Loch handle. (red, APA, 3. 11. 2018)