Österreich bildet mit seiner Ablehnung des UN-Migrationspakts eine Allianz mit den Staaten, die autoritär und/oder populistisch regiert werden: USA, Australien, Ungarn, bald auch Tschechien. Der Migrationspakt wurde mit Fake-News zu einer Horrorvision aufgeblasen. Ein weiteres Mal ist damit bewiesen: Diese Regierung kann außer "Ausländer"-Hysterie nicht viel, wenn man vom Umbau des österreichischen Sozialpartner- und Konsenssystems in Richtung rechter Hegemonie absieht (dazu ein andermal mehr).

Richtig ist, dass Migration ein Großthema des beginnenden Jahrhunderts ist, das man gar nicht genug studieren kann. Wer etwas über eine der größten Migrationsbewegungen lernen will und New York besucht, sollte den Bootsausflug nach Ellis Island nicht versäumen. Über die Einwandererbehörde auf Ellis Island kamen Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts Millionen von Immigranten in die USA. Diese "Ausländerflut" – zwischen 1880 und 1924 26 Millionen Menschen aus ganz Europa – hat die USA unauslöschlich geprägt. In den hervorragend gestalteten Ausstellungsräumen sieht man die ungeheure Vielfalt all dieser Schweden, Finnen, Iren, Italiener, Deutschen, Ukrainer, Polen, Russen, Griechen, Juden, et cetera, et cetera, die aufgenommen wurden. Dabei fällt auf: Sie bildeten zunächst zum Selbstschutz und zur Vergewisserung ihrer Identität "Parallelgesellschaften". Die Religion war ausdrücklich ein kulturelles Bindemittel.

Dabei denkt man unweigerlich an die heutigen "Parallelgesellschaften" und ihr Sich-Klammern an die Religion. Und wenn heute die patriarchalische Rückständigkeit vieler Einwanderergesellschaften in Europa beklagt wird – damals kamen scharenweise Analphabeten aus den finstersten Ecken Osteuropas. Und die Einwanderer stießen – wie heute – auf erbitterte Gegnerschaft derer, die schon da waren (vor allem jener angelsächsischer Herkunft; Katholiken waren in den protestantischen USA eine Zeitlang so gehasst und gefürchtet wie Muslime bei uns heute). Dennoch gelang die Integration, in vielen Fällen Assimilation. Es sind patriotische Amerikaner geworden.

Neue Einwanderung

Die Geschichte ist aber noch nicht zu Ende und nimmt gerade eine dramatische, ungute Wendung. Die neue Einwanderung erfolgt nun nicht über den Atlantik, sondern von Süden her aus Lateinamerika. Irgendwann Mitte des Jahrhunderts werden die Weißen in der Unterzahl sein, überholt von Hispanics, Afroamerikanern und auch Asiaten. Das ist vermutlich der wahre Grund, warum Donald Trump gewählt wurde. Auf jeden Fall ist es der Grund für nahezu alles, was Trump und seine rechten Republikaner tun. Der Bau einer Mauer an der Südgrenze, die Drohung mit Militäreinsatz gegen die "Karawane" von Flüchtlingen, die über Mexiko heraufzieht – das sind alles Begleiterscheinungen. Viel gefährlicher ist der schleichende Staatsstreich, den Trump durchführt: die Besetzung aller Positionen des Staates mit Vertretern der weißen Vorherrschaft, der De-facto-Entzug des Wahlrechtes für Nichtweiße durch Umzeichnen der Wahlbezirke (entscheidend im Mehrheitswahlrecht), der immense Ausbau der Polizei und des Militärs.

Trump, der Enkel eines deutschen Einwanderers und der Gatte einer slowenischen Einwanderin, will für den Tag vorsorgen, da die Weißen in der Minderheit sind, damit sie ihre Herrschaft trotzdem aufrechterhalten können. Das ist letztlich auch das uneingestandene Ziel seiner Brüder im Geiste, ob sie nun Orbán, Strache oder Salvini heißen. Eine muslimische Bevölkerungsmehrheit in Europa ist natürlich eine Fantasie – aber damit kann man einen autoritären Staat aufbauen, was Orbán, Salvini und Strache bereits nach Kräften tun (Kurz macht dabei mit).

Die Einwanderung dient, ob in den USA oder in Europa, als Instrument zur Einführung autoritärer Herrschaft. (Hans Rauscher, 2.11.2018)