Wien/Burgenland – Da werden sich auch noch in vielen Jahren die Automobilhistoriker die Haare raufen, wenn man sie fragen wird, warum es heute so wenige Erdgasfahrzeuge am Markt gibt. Die Vorteile sind viele, die Nachteile an einer Hand aufgezählt, wie der zweiwöchige Praxistest mit dem Seat Ibiza TGI im Pendelbetrieb Burgenland-Wien zeigt. Dabei ist der größte Nachteil auch bald beseitigt. Im Testwagen ist nämlich noch ein Erdgastank für elf Kilogramm verbaut, demnächst wächst das Erdgastankvolumen aber auf 14 Kilogramm.

Erdgas zu tanken ist eine saubere Angelegenheit, die dafür etwas länger dauert.
Foto: Guido Gluschitsch

Mit elf Kilogramm Erdgas kommt man zweimal von Eisenstadt nach Wien und einmal wieder zurück – nur auf den letzten Kilometern zur Tankstelle springt der Benziner an.

Statt einer gibt es in diesem Wagen natürlich zwei Tankanzeigen.
Foto: Guido Gluschitsch

Das Umschalten selbst merkt man nicht, das erfolgt vollautomatisch. Sensible Fahrer merken den Benzinbetrieb aber daran, dass der Motor dann ein Alzerl besser dreht und ein Haucherl rauer läuft. Auch wenn der Ibiza beim Spritverbrauch sehr genügsam ist, wäre es trotzdem blanker Humbug, unnötig weit mit dem Saft aus dem Benzintank zu fahren.

Von außen sieht man dem Seat Ibiza den bivalenten Antrieb nicht an. Man merkt ihn auch nicht beim Fahren. Erst dann beim Tanken. Und natürlich noch später beim Wenigerzahlen.
Foto: Guido Gluschitsch

Der Betrieb mit Erdgas ist deutlich günstiger als der mit Benzin und viel, viel umweltfreundlicher. Allein weil CNG, das Compressed Natural Gas, wie das im Fachjargon heißt, immer noch aus fossilen Quellen stammt, darf man sich noch Kopfzerbrechen machen. Nachhaltige Quellen anzuzapfen kostet im Moment allerdings zu viel, und die Nachfrage ist anscheinend zu gering.

Der Kofferraum ist um 93 Liter kleiner als beim normalen Ibiza.
Foto: Guido Gluschitsch

Das Tanken selbst ist sauberer als Spritnachfüllen, dauert aber ein wenig länger – nicht der Rede wert. Ähnlich marginal ist der Nachteil, dass wegen des Tanks im Heck das Kofferraumvolumen um 93 Liter abnimmt.

Reicht leicht

Die 266 Liter hinter der aufgestellten Sitzbank haben im Alltag für alle Anforderungen gereicht, und sonst hätten wir eben die Sitze umgelegt. Ach ja, Anhängevorrichtung gibt es für den Erdgas-Ibiza keine, wie auch kein Automatikgetriebe. Dann sind wir aber schon fertig.

Der Innenraum des Ibiza.
Foto: Guido Gluschitsch

Alles andere steht auf der Habenseite, vom Komfort bis hin zum Sparpotenzial und dem weniger schlechten Gewissen, wenn man mit diesem Auto fährt.

Nur am TGI-Kürzel am Heck erkennt mn den Erdgas-Antrieb.
Foto: Guido Gluschitsch

Wer das Glück hat, Biogas, also nicht fossiles Erdgas, zu tanken, kann sein Gewissen noch mehr beruhigen. Und da reden wir jetzt noch gar nicht von der Idee, Wasserstoff unterzumischen – weil der auch oft aus Erdöl und nicht mit Solarenergie erzeugt wird.

Was die Assistentz- und Komforsysteme betrifft, hält der TGI mit seinen Brüdern natürlich mit.
Foto: Guido Gluschitsch

Abseits davon, dass man sich köstlich die Zeit damit vertreiben kann, den Erdgasantrieb zu besprechen, ist der TGI ein ganz normaler Seat Ibiza, fesch designt, vollgepackt mit allen Assistenten- und Komfortsystemen, die der Volkswagen-Konzern zu bieten hat, und sonst völlig unkapriziös. Da passt das Fahrwerk, die Lenkung, der Antrieb, die Bedienung.

Der Erdgas-Zapfhahn wird etwas anders bedient als Benzinzapfhähne, aber die Herausforderung ist ähnlich bescheiden.
Foto: Guido Gluschitsch

Also raten wir lieber weiter, warum Erdgas nicht boomt. Einer muss ja noch Tiefgarage sagen, oder? Geht schon! (Guido Gluschitsch, 15.11.2018)

Foto: Guido Gluschitsch