Zagreb/Ljubljana – Die Entscheidung der österreichischen Regierung, den UNO-Migrationspakt nicht zu unterzeichnen, hat auch am Wochenende für Diskussionen gesorgt. Der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas, stellte sich am Samstag in der Debatte hinter Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Dieser hatte erklärt, Österreich habe sich als UNO-Amtssitz bei Themen wie Menschenrechten oder Abrüstung den Ruf eines verlässlichen internationalen Partners erworben und solle diesen "nicht leichtfertig aufs Spiel setzen".

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte am Freitag die ablehnende Haltung der Regierung zum UNO-Migrationspakt in einem Gespräch mit Van der Bellen bekräftigt. Man bekenne sich klar zum Multilateralismus, "aber der Inhalt muss stimmen", sagte Kurz laut einer der APA übermittelten Stellungnahme. Er wiederholte Bedenken, die Souveränität Österreichs könnte beschränkt werden.

Fischer ist "betroffen, traurig und enttäuscht"

Der von der UNO initiierte erste "weltweite Pakt für sichere, geordnete und regulierte Migration" soll bei einer Konferenz in Marrakesch am 10. und 11. Dezember offiziell angenommen werden. Er umfasst eine Reihe von Leitlinien und Maßnahmen, deren Umsetzung allerdings rechtlich nicht bindend ist. Es geht um eine bessere internationale Zusammenarbeit in der Migrationspolitik und um Standards im Umgang mit Flüchtlingen.

Ex-Bundespräsident Heinz Fischer kritisierte den Rückzug der Regierung aus dem UNO-Migrationspakt als "Fehler". Er sei "betroffen, traurig und enttäuscht" über die Ablehnung des globalen Migrationspaktes durch die Bundesregierung, wie er gegenüber dem "Kurier" (Sonntagausgabe) sagte.

Migrationsforscher und -forscherinnen forderten eine Kurskorrektur von der österreichischen Regierung. Als Wissenschaftler, die seit langem an österreichischen Universitäten zu den Ursachen, Folgen und Rahmenbedingungen von Migration forschten, sein man "entsetzt" über deren Entscheidung, heißt es in einer Aussendung vom Sonntag.

Außenministerium uneins

Auch eine Gruppe im Außenministerium stellt sich gegen die Entscheidung der Bundesregierung. "Ein Nichtbeitritt würde einen Bruch mit unserem außenpolitischen Erbe seit 1955 darstellen und stellt auch die Handschlagqualität und Professionalität unserer hochwertgeschätzten Diplomatie in Frage", erklärt die "Offene Liste SozialdemokratInnen und FreundInnen" (OLSF/FSG im BMEIA).

Widerstand auch in Kroatien und Slowenien

Neben Österreich wollten auch die USA, Ungarn, und Tschechien nicht mehr am Migrationspakt mitmachen. Unterdessen regt sich auch in Kroatien und Slowenien Widerstand. Die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic bezog gegen den Pakt Stellung, dabei aber auf die Zuständigkeit der Regierung verwiesen.

In Slowenien forderte die größte Parlamentspartei, die konservative Demokratische Partei (SDS), eine "bedingungslose" Ablehnung des Pakts. Der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak betonte laut der Nachrichtenagentur TASR, der Migrationspakt zwinge kein Land zu irgendwelchen Handlungen, die Migrationspolitik bleibe das souveräne Recht eines jeden Staates.

Spahn geht auf Distanz

Der deutsche Sachverständigenrat für Migration sieht in dem Pakt nur Vorteile. Dieser eröffnet nach Einschätzung der Politikwissenschaftlerin Petra Bendel sowohl Zuwandern als auch den Zielländern der Migranten neue Chancen. Die Souveränität der einzelnen Staaten bleibe dabei unangetastet, sagte Bendel der Deutschen Presse-Agentur. Kein Staat werde zu bestimmten Maßnahmen gezwungen.

Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn ist anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) auf Distanz zu dem geplanten UN-Migrationspakt gegangen. "Die Debatte über den Migrationspakt steht in der Bundestagsfraktion noch aus", sagte Spahn, der sich für den CDU-Parteivorsitz bewirbt, der "Welt am Sonntag". "Wichtig ist, dass Deutschland seine Souveränität behält, Migration zu steuern und zu begrenzen." (APA, 4.11.2018)