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Der Blick auf ein Öldock aus einem Schiff am Hafen von Kalantari – vor allem die iranische Ölindustrie wird von den Sanktionen betroffen sein.

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Präsident Hassan Rouhani will die Sanktionen brechen.

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Washington – Die USA haben am Montag trotz internationaler Proteste die nach eigenen Angaben härtesten Wirtschaftssanktionen gegen den Iran in Kraft gesetzt. Die Strafmaßnahmen gelten seit 6 Uhr MEZ. Sie sollen vor allem die Ölindustrie, den Banken- und Finanzsektor sowie die Transportbranche mit den wichtigen Häfen treffen.

Die USA wollen damit den Iran zwingen, das Atomabkommen von 2015 neu zu verhandeln und schärferen Auflagen zuzustimmen. Außerdem soll die Führung in Teheran Zugeständnisse in der Außenpolitik machen. Der Iran wirft der US-Regierung vor, das Land wirtschaftlich in die Knie zwingen und so einen Regierungswechsel herbeiführen zu wollen.

Der Iran will sich über die neuen Sanktionen hinwegsetzen. "Amerika wollte Irans Öl-Verkäufe auf null kürzen", sagte Präsident Hassan Rouhani am Montag während eines Treffens mit Wirtschaftsexperten, das vom Staatsfernsehen übertragen wurde. "Aber wir werden unser Öl weiter verkaufen, ... die Sanktionen brechen."

Der Iran werde die "illegalen und ungerechten Sanktionen mit Stolz umgehen, weil sie gegen internationale Regeln verstoßen", sagte Rouhani am Montag in einer Fernsehansprache. Er sprach von einem "Wirtschaftskrieg" gegen sein Land. Über US-Präsident Donald Trump sagte Rouhani, noch nie habe jemand im Weißen Haus gesessen, der "ein solcher Gegner von Gesetzen und internationalen Übereinkommen" sei.

Swift-Zugang eingeschränkt

Die Zahlungsverkehrsorganisation Swift hat wegen der neuen US-Sanktionen gegen den Iran bestimmten iranischen Banken den Zugang zu seinem Datenaustausch-System gesperrt. Der Schritt sei bedauerlich, aber im Interesse der Stabilität und Integrität des globalen Finanzsystems unternommen worden, teilte Swift am Montag mit. Ziel bleibe es, ein globaler neutraler Anbieter zu bleiben.

Auf die Frage, welche iranischen Banken konkret betroffen sind, wollte sich eine Sprecherin nicht äußern. Am Freitag hatte US-Finanzminister Steven Mnuchin angekündigt, dass seine Regierung auf den Ausschluss des Iran aus dem internationalen Zahlungsverkehrssystem Swift dringen wolle. Die EU wollte den Iran eigentlich im Swift-System halten.

Swift wickelt für über 11.000 Finanzinstitute in mehr als 200 Ländern weltweit Nachrichten und Finanztransaktionen über gesicherte Netze ab. Wenn Banken Swift nicht mehr nutzen können, kann dies fatale Folgen für ihre Geschäfte haben, weil sie damit quasi vom globalen Finanzsystem ausgeschlossen werden.

Harte Strafen für Unternehmen

Ab diesem Montag will Washington alle Unternehmen hart bestrafen, die sich den einseitig verhängten Sanktionen nicht beugen. Besonders abschreckend wirkt dabei, dass solche Unternehmen keinen Zugang mehr zum US-Finanzsystem haben werden und damit auch keine Geschäfte in Dollar abwickeln können.

Südkorea konnte jedoch eine Ausnahme erreichen. Washington erlaube Seoul weiterhin, iranisches Öl zu importieren, erklärte die südkoreanischen Regierung am Montag. Das Land zählt zu den größten Importeuren iranischen Öls und befürchtet, dass ein Importstopp seine gesamte Wirtschaft in Mitleidenschaft ziehen könnte. Die US-Sanktionsregelungen lassen Ausnahmen für eine Dauer von bis zu 180 Tagen zu.

Schwere Belastung der amerikanischen Beziehungen

US-Präsident Donald Trump hatte am 8. Mai eines seiner zentralen Wahlversprechen wahr gemacht, indem er den internationalen Atomvertrag im Alleingang aufkündigte – auf Kosten einer schweren Belastung der Beziehungen zu den europäischen Verbündeten.

Das Atomabkommen, zu dessen Mitunterzeichnern China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland gehören, gilt als eines der wichtigsten, wenngleich auch umstrittensten internationalen Abkommen. Darin verpflichtet sich die internationale Gemeinschaft, auf Sanktionen gegen die Islamische Republik zu verzichten. Im Gegenzug soll der Iran unter anderem weitgehend die Anreicherung von Uran unterlassen, so dass die Herstellung von waffenfähigem Nuklearmaterial ausgeschlossen ist.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat dem Iran bisher stets bescheinigt, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Dagegen begründete Trump den Ausstieg unter anderem damit, dass das vom Iran abgegebene Versprechen, nicht weiter an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten, eine Lüge sei. So soll der Iran an der Entwicklung einer ballistischen Rakete gearbeitet haben, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden könnte. Weitere Vorwürfe lauten, dass der Iran im Nahen Osten eine Politik der Destabilisierung verfolge und der größte Finanzier von Terrorismus sei.

Übergangsweise Ausnahmeregelungen

Die Sanktionen zielen deshalb vor allem auf die iranische Ölindustrie ab, die größte Einnahmequelle des Landes. Acht Staaten bleiben übergangsweise ausgenommen, darunter zwei EU-Länder. Die USA würden Importe iranischen Öls durch Italien, Griechenland, die Türkei, China, Indien, Japan, Südkorea und Taiwan zunächst nicht bestrafen, sagte US-Außenminister Mike Pompeo am Montag in Washington. Die USA würden ihre Anstrengungen aber fortsetzen, alle Nationen dazu zu bringen, Ölimporte aus dem Iran ganz auf Null zurückzufahren, so Pompeo.

Finanzminister Steven Mnuchin gab am Montag den umfassenden Strafenkatalog bekannt, der neben der Ölindustrie auch die iranische Luft- und Seefahrt sowie den Bankensektor betrifft. Im Zentrum steht die Ölförderung des Iran, die rund ein Drittel der Staatseinnahmen ausmacht. Mnuchin sagte, mit den Sanktionen werde ein "beispielloser finanzieller Druck" auf das iranische Regime aufgebaut. Die Islamische Republik werde so lange finanzieller Isolation und wirtschaftlicher Stagnation ausgesetzt sein, bis die Führung in Teheran ihr destabilisierendes Verhalten in der Region aufgebe.

EU-Staaten arbeiten an Zweckgesellschaft

Um zumindest einen Teil der Wirtschaftsbeziehungen zum Iran aufrechtzuerhalten, arbeiten EU-Staaten an einer Zweckgesellschaft, die die Bezahlung von Iran-Geschäften ermöglichen soll, wenn sich private Banken wegen drohender US-Strafen verweigern. Die Zweckgesellschaft könnte zum Beispiel Tauschgeschäfte ermöglichen, bei denen kein Geld fließt. Wann sie ihre Arbeit aufnehmen kann, ist noch unklar. Aus EU-Kreisen hieß es, es gebe schwierige technische, rechtliche und auch politische Fragen zu klären.

Der Iran hat bisher ausgeschlossen, sich dem Druck der USA beugen. Der Oberste Führer, Ayatollah Ali Khamenei, erklärte, die Sanktionen der vergangenen Jahrzehnte hätten den Iran nur unabhängiger und selbstständiger gemacht. In Teheran wirft man den USA vor, es in Wirklichkeit auf einen Sturz der islamischen Regierung abgesehen zu haben. Die US-Regierung bestreitet, einen "Regimewechsel" im Sinne zu haben und spricht stattdessen davon, dass sie einen "Wechsel im Verhalten" der iranischen Führung durchsetzen wolle.

Iran wirft Israel Cyberangriff vor

Der Iran hat Israel am Montag eine Cyberattacke auf seine Kommunikationsnetzwerke vorgeworfen. "Dank der Wachsamkeit der technischen Teams sind sie (die Angreifer) mit leeren Händen abgezogen", erklärte Kommunikationsminister Mohammad Javad Azari Jahromi.

"Ein Regime, das in der Vergangenheit Cyberwaffen wie Stuxnet eingesetzt hat, hat dieses Mal versucht, die Kommunikationsinfrastruktur des Iran zu beschädigen", so der Minister. Stuxnet war ein Virus, das 2010 Teile des iranischen Atomprogramms beschädigte. Teheran verdächtigt Israel und die USA, das Virus entwickelt und eingesetzt zu haben. Der stellvertretende Kommunikationsminister Hamid Fattahi erklärte, die iranische Cyberabwehr habe Montag früh zahlreiche Versuche registriert, die iranischen Systeme zu infiltrieren, doch seien die Angriffe "mit Kraft" abgewehrt worden. (APA, 5.11.2018)