Der Mann, der in Filmen mithilft, die Welt zu retten, hat sein Hobby nun der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht: Jeff Goldblum ist Jazzfan und geschmackssicherer Pianist.

Universal

Auf der Suche nach Talent ist die gebeutelte CD-Branche mit großer Offenheit unterwegs: Singende Mönche fliegen in den Charthimmel, wo sie Papst Franziskus begrüßt. Dieser hat ein Album veröffentlicht, bei dem Rockklänge seine weisen Worte umranken. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis Barack Obama soulig abhebt. Und Donald Trump könnte auf die Idee kommen, als Interpret der US-Hymne zu ärgern. Das Arsenal an Prominenten, die einen Genrewechsel Richtung Musik wagen könnten, ist grenzenlos: My Way von Arnie? Al Pacino im Duo mit Robert De Niro bei mafiosen Schmachtliedern?

Die großen CD-Firmen wären wohl gerne dabei. Belastende Anlaufkosten, um die Namen der Debütanten in Umlauf zu bringen, würden wegfallen. Und haben nicht Robert Mitchum (der Sunny besang), Telly Savalas (der schmachtend I love You hauchte) und Lee Marvin (mit Wand'rin' Star) Pionierarbeit im Sinne eines lukrativen Hobbygesangs geleistet? Das Labelbusiness, in disruptiver Transformation befindlich und sich nun am Streaming festhaltend, würde zustimmen.

JeffGoldblumVEVO

Noch ist aus diesem Promicrossover jedoch kein Trend geworden. Es hätte ansonsten wohl nicht Jazzsänger Gregory Porter das Decca-Label (im Besitz von Universal) auf dieses 66-jährige Jazztalent aufmerksam machen müssen. Jedenfalls: Porter traf in London in der Graham Norton Show Schauspieler Jeff Goldblum, der gerade Promotion für den Film Thor: Tag der Entscheidung absolvierte. Irgendwer erkannte, dass Goldblum gerne Klavier spielt. Und so kam es, dass der Schauspieler zu Porters Showbegleiter wurde – bei Nat King Coles Klassiker Mona Lisa.

Jede Woche in L.A.

Dass Porter eher entzückt war, sprach sich herum. Es kam also zur Zusammenarbeit mit "einem der coolsten und renommiertesten Labels aller Zeiten", so Goldblum über Decca, das sich auch nicht geizig zeigte: Wie der CD-Titel The Capitol Studios Sessions signalisiert, wurden Goldblum und Band in einen legendären Aufnahmeraum einquartiert, der in einen Jazzclub verwandelt wurde. Es gab für Livegäste reichlich flüssige und feste Verköstigung – Bedingungen, die Goldblum offenbar seit Jahrzehnten schätzte.

Nun erfuhr es die breitere Öffentlichkeit: Er und das Mildred Snitzer Orchestra treten seit Jahrzehnten fast wöchentlich im Rockwell Table & Stage (in Los Angeles' Künstlerviertel Los Feliz) auf. Er sei einst von Woody Allen auf die Idee regelmäßiger Gigs gebracht worden, sagt der Fast-zwei-Meter-Mann. Und ja: Im Club wird der Schauspieler, den alle kennen (Die Fliege, Jurassic Park-Reihe, Independence Day, The Grand Budapest Hotel) zum entspannten Entertainer, fragilen Sänger und gutem Klavierspieler.

Swingen wie die Alten

Die CD? Das bisschen Soloimprovisation, eingefangen im Opener, Hancocks Klassiker Cantaloupe Island, zeigt einen pointierten Tastenexzentriker. Da sind Einflussspuren von Errol Garer. Und sicher hat Goldblum Thelonious Monk studiert. In der Folge beschränkt sich der Star allerdings zumeist auf mitgroovende Begleitung und spaßige Ansagen.

Ist zwar schade. Dennoch wurde es kein schlechtes Album, Larry Klein hat es produziert; er ist jener, der schon Joni Mitchell und Herbie Hancock betreut hat. Bei SStandards lässt er hier Gäste wie Trompeter Till Brönner glänzen wie auch gute Sängerinnen wie Haley Reinhart, Imelda May und Sarah Silverman. Und das Mildred Snitzer Orchestra (benannt nach einer Bekannten der Goldblums) liefert lebendig swingenden "Jurassic Jazz", also guten alten Mainstream.

Dass Goldblum auf seiner eigenen CD nicht deutlicher in Erscheinung tritt, ist sympathisch. Er ist Teil der Band, er ist die Marke, die verkauft. Eine, die aber auch eine zweite CD-Chance verdient hat, zumal seine Philosophie als Mime auch zum Jazz passt: "Ich mag Improvisation und das Gefühl von Kommunikation und Interaktion. Sie sind Eckpfeiler meiner Schauspielerei." Außerdem saß Goldblum schon als Seth Brundle (in Die Fliege) gerne am Klavier, bevor er sich in das Insekt zu verwandeln begann. (Ljubisa Tosic, 6.11.2018)