Das Krankenhaus Göttlicher Heiland in Wien-Hernals.

Foto: Heribert Corn

Wien – Das Krankenhaus Göttlicher Heiland in Wien-Hernals (Vinzenz-Gruppe) ist mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Eine Passantin entdeckte am Freitagabend einen bewusstlosen Mann in seinem Auto. Sie schlug in dem Krankenhaus, welches sich in unmittelbarer Nähe befand, Alarm.

Die Passantin berichtet, dass sie zuerst mit dem im Krankenhaus tätigen Portier diskutieren habe müssen, bevor Hilfe geholt worden sei. Sie sei dazu aufgefordert worden, die Rettung zu rufen. Der Mann wurde schließlich ins einige Autominuten entfernte Wilhelminenspital geliefert, wo er verstarb.

Die Passantin beschreibt den Vorfall.

Die Empörung der Passantin könne sie "absolut verstehen", sagt die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz zum STANDARD. "Man darf erwarten, dass einem von einem Krankenhaus in so einer Situation die Verantwortung abgenommen wird."

Spital kündigt Evaluierung an

In einer Stellungnahme rechtfertigt sich das Krankenhaus: Es sei nachvollziehbar, dass das Ereignis viele beschäftige und Diskussionen auslöse. Der Arzt, der in dem Fall verständigt wurde, habe aber "sofort entschieden, gemeinsam mit einer Kollegin das Haus zu verlassen, um medizinische Hilfe zu leisten." Innerhalb kurzer Zeit hätten er und eine Kollegin den Patienten aus dem Auto geborgen und erste Hilfe geleistet. Die Mitarbeiter hätten nach rund fünf Minuten eine ärztliche Erstversorgung geleistet. Ein schnellerer Einsatz sei nicht möglich gewesen.

In Wien wurde am Freitag vor dem Spital Göttlicher Heiland ein lebloser Mann von einer Passantin in seinem Auto gefunden. Als sie im Spital Hilfe holen wollte, riet man ihr, die Rettung zu rufen. Erst beim zweiten Versuch kam der Frau ein Arzt zur Hilfe – der Gefundene verstarb wenig später im Krankenhaus.
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Das Krankenhaus verweist dennoch darauf, dass es "keine leichte Entscheidung" gewesen sei, das Spital in dieser Situation zu verlassen, da die dort tätigen Ärzte für die Versorgung der Patienten im Krankenhaus zuständig seien und das Krankenhaus nicht verlassen dürften, um Patienten nicht zu gefährden. In so einem Fall müsse man eine Abwägung treffen, sagt Patientenanwältin Pilz in Hinblick auf etwaige arbeitsrechtliche Vorschriften: "Der Arzt ist ja nicht nach Tirol gefahren, um jemandem zu helfen."

Dass ein Arzt für das Leisten von Erster Hilfe das Krankenhaus verlassen darf, bestätigt auch Thomas Holzgruber, Jurist der Ärztekammer. Er rät den Spitälern, das Krankenhauspersonal und die Portiers für solche Situationen zu schulen und ihnen die richtige Verhaltensweisen zu erklären. Eine "doppelte Vorgangsweise" sei in so einem Fall wohl angemessen: Die Rettung zu verständigen und parallel dazu einen Arzt zu holen, der gerade keinen anderen Patienten betreuen muss.

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Der Portier hätte sofort den diensthabenden Arzt verständigt, der schließlich das Spital auch verließ, sagt das Krankenhaus. Außerdem wird darauf verwiesen, dass das Krankenhaus Göttlicher Heiland eines ohne Notfallaufnahme sei und es klare Vorgaben gebe, wie die Rettung in der Rettungskette handeln müsse. Der Mann erlitt einen Herzinfarkt. Trotz allem wolle man den Vorfall "genau analysieren und evaluieren".

Das Krankenhaus gab eine Stellungnahme ab.

Das will auch die Stadt Wien. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat einen Prüfauftrag an die zuständige Magistratsabteilung 40 erteilt, sagt ein Sprecher Hackers zum STANDARD: "Sie machen sich so rasch als möglich an die Arbeit." Der Vorfall soll genau untersucht werden. Das Krankenanstaltengesetz verbiete Ärzten jedenfalls nicht ausdrücklich, das Spital zu verlassen.

Den Mann, nachdem erste Hilfe geleistet wurde, in das Wilhelminenspital zu bringen, wo eine Notaufnahme existiert, sei "wahrscheinlich gescheiter gewesen", meint Pilz. "Die Argumentation, ihn ins nächstgelegene geeignete Krankenhaus zu bringen, kann ich nachvollziehen." (red, 6.11.2018)