Die Midterm-Wahlen sind vorbei. Was bedeutet das Ergebnis für Donald Trump?

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Die US-Kongresswahlen sind geschlagen. Die Demokraten konnten die Mehrheit im Repräsentantenhaus erringen, während der Senat republikanisch dominiert bleibt. Aber was bedeutet das Ergebnis für die Präsidentschaft Donald Trumps? Sind die Weichen für die Wiederwahl damit gestellt, oder muss Trump um eine zweite Amtszeit zittern? Und welche Auswirkungen hat das Wahlergebnis auf zukünftige politische Entscheidungen?

Die STANDARD-Redakteure Fabian Sommavilla und Bert Eder beantworten hier Fragen der User zum Wahlergebnis in den USA. Judith Handlbauer hat die Fragen ausgewählt.

Handlbauer: Die Wahlbeteiligung ist bei den Kongresswahlen meist sehr niedrig – nicht so dieses Mal, vor allem bei den jungen Wählerinnen und Wählern. Wem hat die relativ hohe Wahlbeteiligung geholfen? Und warum gehen so viele Amerikaner nicht wählen?

Sommavilla: Grundsätzlich wurde bei den diesjährigen Midterm-Wahlen eine für die USA extrem hohe Wahlbeteiligung erreicht. Knapp 31 Millionen Menschen mehr sind zur Wahlurne gegangen als noch vor vier Jahren, was mit der extremen Polarisierung der US-Gesellschaft seit der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten zu erklären ist. Noch bei den letzten Midterms 2014 wurde mit 36,4 Prozent ein Rekordtief seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht. Mit 74 Prozent machte die weiße US-Bevölkerung damals überproportional die stärkste Wählergruppe aus. Der demografische Wandel, aber auch die enorme Mobilisierung beider Parteien ließen diesen Anteil heuer deutlich schrumpfen. Da gegen Ende auch die Republikaner stark mobilisieren konnten, konnte der noch vor ein paar Wochen vermutete Vorteil der Demokraten zum Teil ausgeglichen werden.

Dennoch sind immer noch viele in den USA lebende Menschen nicht zu den Wahlen zugelassen – Nicht-US-Bürger, zahlreiche Migranten und Gefängnisinsassen zum Beispiel. Die USA verfügen anteilsmäßig etwa über die größte Anzahl an Inhaftierten weltweit. Auch besaßen bei der Präsidentenwahl 2016 noch rund elf Prozent der Wahlberechtigten keinen staatlichen Ausweis, der für die Wahlteilnahme mittlerweile vielerorts zur Pflicht geworden ist.

Davon überproportional betroffen sind ethnische Minderheiten, Bürger über 65 Jahren, Jugendliche zwischen 18 und 24 und Menschen aus den unteren Einkommensklassen. Zu guter Letzt muss auch noch festgehalten werden, dass in den USA die Wählerregistrierung nicht automatisch abläuft. Die unterschiedlich strengen Gesetze, Fristen und Prozedere halten viele Menschen von der Wahl ab. Demokraten wollen diese Gesetze lockern, Republikaner eher beibehalten oder verschärfen.

Handlbauer: Wie weit können die Demokraten ihren Einfluss über das Repräsentantenhaus geltend machen, zum Beispiel im Hinblick auf außenpolitische und wirtschaftliche Entscheidungen?

Eder: Wie unser Korrespondent Frank Herrmann in seiner Analyse erklärt, kann im Abgeordnetenhaus kein Gesetz mehr verabschiedet werden, dem die demokratische Mehrheit nicht ihren Segen gibt. In den Ausschüssen der Kammer werden ausnahmslos Demokraten den Vorsitz übernehmen, was bedeutet, dass sie Untersuchungen einleiten können, die den Präsidenten womöglich in Verlegenheit bringen.

Handlbauer: Was bedeutet das Ergebnis für Donald Trump, seine derzeitige Politik und seine Zukunft im Hinblick auf eine Wiederwahl? Welche politischen Entscheidungen wird Trump nun nicht mehr so einfach durchbringen?

Eder: Die Demokraten, die nun die Mehrheit im Repräsentantenhaus halten, könnten zum Beispiel die Herausgabe von Trumps bislang unter Verschluss gehaltenen Steuererklärungen erzwingen. Sie können Konflikte zwischen Geschäftsinteressen und dem politischen Amt ebenso unter die Lupe nehmen wie etwaige Finanztricks des einstigen Immobilienmoguls. Sie können Zeugen zwangsvorladen, statt wie bisher zu Bittstellern degradiert zu sein. In einem Satz: Indem die Demokraten die Kontrolle über das Repräsentantenhaus übernehmen, hat es Trump fortan mit einer Opposition mit Zähnen zu tun.

Handlbauer: Wie werden sich Senat und Repräsentantenhaus nun gegenseitig blockieren? Kann es zum Stillstand politischer Entscheidungen kommen, oder ist mit Deals zwischen Demokraten und Republikanern zu rechnen? Welche wichtigen Entscheidungen stehen in nächster Zeit an, und wie stehen die beiden Parteien dazu?

Eder: Wenn in zwei Monaten die neuen Abgeordneten ihre Sitze einnehmen, muss sich Präsident Trump daran gewöhnen, Kompromisse zu arrangieren. Während er bisher auf Unterstützung aus dem Kongress für seine Pläne zählen konnte, muss er nun auf die Volksvertreter zugehen und ihnen attraktive Angebote machen. Angesichts seiner bisherigen Performance dürfte ihm das schwerfallen.

Demokraten-Urgestein Nancy Pelosi, die wahrscheinlich zur Sprecherin des Repräsentantenhauses gewählt wird, hat angekündigt, zuerst eine Wahlrechtsreform und ein Gesetzespaket über ethische Verpflichtungen für Regierende anzustreben. Die BBC hat die wichtigsten Auswirkungen der neuen Mehrheitsverhältnisse zusammengefasst.

Handlbauer: Zwei Parteien kämpfen in den USA um die Macht. Welche alternativen Parteien haben bereits versucht sich zu etablieren, und woran scheiterte es meist?

Eder: Es gab immer wieder Parteigründungen, quer durch das politische Spektrum, von links bis rechts. So haben die USA insgesamt acht Parteien, die "sozialistisch" oder "Arbeiterpartei" im Namen führen, eine Kommunistische Partei und auch diverse rechte Splittergruppen.

Die 1974 gegründete "Nationalsozialistische Bewegung" (inklusive "Wikingjugend") ersetzte erst 2016 das Hakenkreuz auf dem Parteilogo durch die Odalsrune, um sich dem politischen Mainstream anzubiedern.

Die "Prohibition Party", die gegen den Verkauf alkoholischer Getränke eintritt, hat seit 1872 zu jeder Präsidentschaftswahl einen Kandidaten nominiert und ist damit nach Demokraten und Republikanern die drittälteste US-Partei. Bei der Präsidentschaftswahl 2016 gelang ihrem Bewerber James Hedges mit 5.617 Stimmen ein Achtungserfolg: Die Stimmen wurden im Vergleich zur Wahl 2012 mehr als verzehnfacht.

Da aber nur die Partei, die in einem Bundesstaat die Mehrheit erringt, Vertreter ins Washingtoner Parlament entsendet, beschränkte sich der Einfluss dieser Kleinparteien auf die lokale Ebene. (7.11.2018)