Schön, dass das Festival Wien Modern nicht nur die Klassiker des Schrägen präsentiert. Auch Neuheiten sind sinnvoller Teil seines Konzeptes; und die Stücke sind bisweilen ja von witzigem Charakter. Im Wiener Musikverein steht auf der Bühne des Goldenen Saals etwa überraschend eine Art Möbelstück: Hans-Joachim Hespos Komposition tapis fou ist eine symphonische Szene für Sopran, Improvisierschrank und "ausgeräumtes Orchester mit Gelegenheitsdirigenten". Theoretisch witzig, der Kompositionsauftrag von Wien Modern. Faktisch allerdings will so etwas wie Spannung nicht aufkommen.

Die Musiker des ORF-Radio-Symphonieorchesters haben das Stück zu verlassen und es wieder zu "betreten". Tim Schomacker auf dem Improvisierschrank gibt sich Mühe, Perkussives zu erwecken. Und Sopranistin Agata Zubel lässt sich von Dirigent Duncan Ward zu vokalen Exkursen zwischen Kantabilität und abstrakten Gefühlsausbrüchen mithilfe von Fantasiesprache animieren. Tja.

Ähnlich Nicolaus A. Hubers der arabischen 4: Auch diese in die Stille gewuchteten Rufzeichen schienen, statt auf Entwicklung, auf Statik zu setzen. Stringenter Friedrich Cerhas Drei Situationen für Streichorchester: Nervöse Orchesterzuckungen, Elegisches und aufwärts und abwärts rasende kollektive Linie sorgen für Kontraste. Samt abruptem Pointenende, bei einem Konzert, das auch Haydns Die Vorstellung des Chaos (aus Der Schöpfung) und Skrjabins Le poème de l'extase präsentierte. (tos, 6.22.2018)