Elisabeth Steiner untersucht Mechanismen, die uns zu Produkten greifen lassen.

Foto: Andrea Grimm / Campus Wieselburg der FH Wiener Neustadt

Jeder kennt die Situation: Man steht vor dem Supermarktregal und hat die Wahl zwischen unzähligen Optionen desselben Produkts. Was wir wählen, hängt zu einem großen Teil auch von der Produktverpackung und den darauf angegeben Informationen ab. Elisabeth Steiner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Campus Wieselburg der FH Wiener Neustadt.

Sie erforscht solche und ähnliche Mechanismen als Teil des jungen Forschungsfelds Sensorisches Marketing. "Diese Entscheidungen sind Teil eines unbewussten Prozesses. Oft können wir ja nur auf Basis der Verpackung entscheiden. Deswegen überlegt man vor dem Regal schon oft, ob man etwas mögen wird."

Multiple sensorische Information

Nach einem Diplomstudium an der FH Wien der WKW baute sie den neuen Forschungsbereich an der Uni Wien auf und schrieb ihre Dissertation zum Thema amodaler sensorischer Information auf Lebensmittelverpackungen, also Reizen, die verbal oder grafisch dargestellt werden und so eine Reaktion hervorrufen.

"Am spannendsten war, dass sich die daraus entstandenen Erwartungen an das Produkt auf die Wahrnehmung ausgewirkt haben." Um das zu testen, setzte sie Versuchsgruppen Schokolade mit manipulierten Etiketten vor. Die Schokolade blieb dieselbe, jedoch änderten sich die beschriebenen Attribute: "Einige bekamen nur eine Geschmacksinformation, manche zusätzlich auch Infos zu Duft oder Textur, wie zum Beispiel cremig oder knusprig", so Steiner.

Nachdem sie Fragen zu ihren Erwartungen beantwortet hatten, durften die Teilnehmer die Schokolade auch verkosten. Das beste Ergebnis zeigte dabei eine Kombination aus verschiedenen Informationen. Diese sogenannte multiple sensorische Information führte auch zu einer höheren Absicht, das Produkt zu kaufen und sogar mehr dafür zu zahlen. Am schlechtesten funktionierte reine Geschmacksinformation.

Unerwünschte Auswirkungen

Schon als Kind verlangte Steiner von ihren Eltern, die Produktverpackung beim Essen neben ihr auf den Tisch zu legen. "Für mich war schon immer spannend zu sehen, auf welcher Basis man gewisse Entscheidungen trifft." Voraussetzung dafür ist auch ein Verständnis verschiedener Disziplinen: "Vermutlich auch ein Grund, wieso immer noch wenige Leute in diesem Bereich forschen."

In einer aktuellen Studie beschäftigt sich Steiner mit dem sogenannten Backfiring-Effekt, also unerwünschten Auswirkungen von Verpackungen. Dafür verwendete ihr Team vegane Leberwurst. "Hier war es sogar so, dass das Produkt besser bewertet und erwartet wurde, je weniger Info angegeben wurde." Erklären konnten sie sich das mit der sogenannten Grice-Theorie: Fehlt eine Information, hat der Konsument die Tendenz, diese durch zusätzliche, positive Rückschlüsse zu ergänzen.

"Im Extremfall haben wir das Produkt nur als 'Brotaufstrich' betitelt", so die Marketingexpertin. Auf Basis dieser spärlichen Information wurde das Produkt am besten bewertet und sogar als leberwurstähnlich beschrieben. Hersteller bräuchten laut Steiner deshalb ein gewisses Fingerspitzengefühl: "Manche Produkte funktionieren nicht, weil Verpackung und Produkt in den Augen des Konsumenten nicht zusammenpassen." (Katharina Kropshofer, 11.11.2018)