Das ist, neben jener des Jubelnden, die zweite Pose, in der man Rafael Nadal mittlerweile kennt. Es ist die Pose des Zerknirschten, der Auskunft über eine Verletzung geben muss.

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Rafael Nadal hat so ziemlich alles gewonnen, was es im Tennis zu gewinnen gibt. Der Titel beim ATP-Saisonfinale, bei dem alljährlich die acht Besten ihren Besten küren, gehört nicht dazu. Das ändert sich auch 2018 nicht, denn wenige Tage vor Beginn der ATP-Finals in London sagte der Spanier ab. Das rechte Knie schmerzt, dazu kommt ein frei schwimmender Gelenkkörper im rechten Knöchel, der eine OP erforderlich macht.

Es ist die Fortsetzung der beinahe unendlichen Leidensgeschichte des Rafael Nadal, der 2001 als 15-Jähriger die Schule abbrach, um Tennisprofi zu werden, und der heute mit 32 fast schon ein körperliches Wrack ist. "Du kannst nicht gegen das Alter kämpfen und auch nicht gegen die Uhr", sagte der Spanier. "Sie tickt und tickt, und du kannst ihre Zeiger nicht aufhalten."

Ruinierter Körper

Es scheint, als ticke sie für Nadal und sein kraftraubendes Spiel sogar ein bisschen schneller. Bereits zum wiederholten Mal fehlt der elfmalige French-Open-Sieger beim Saisonfinale, regelmäßig streikt sein bulliger Körper am Ende eines Jahres.

2005 (Fuß und Knie), 2008 (allgemeine Erschöpfung), 2012 (Knie), 2014 (Blinddarm) und 2016 (Handgelenk) sagte er vorzeitig ab, 2017 stieg er nach einer Niederlage im ersten Gruppenspiel gegen David Goffin wegen Knieschmerzen aus. Die Patellasehnen in beiden Knien sind chronisch entzündet, so richtig beschwerdefrei ist Nadal de facto nie.

Schon für Paris hatte Nadal zuletzt wegen einer Bauchmuskelverletzung abgesagt, er verlor deshalb die Führung in der Weltrangliste an den Serben Novak Djokovic. "Da mir auch mein Bauchmuskel noch Probleme bereitet, haben wir den Zeitpunkt jetzt für die zusätzliche Operation des Knöchels genutzt", teilte der Weltranglistenzweite mit. "So hoffe ich, dass ich für die nächste Saison wieder fit sein werde."

Thema Saudi Arabien

Und vielleicht, aber nur vielleicht, ist Nadal auch gar nicht so unglücklich mit der aktuellen Situation. Am 22. Dezember nämlich sollte er zum vielkritisierten Schaukampf mit Djokovic in Saudi-Arabien antreten. Aus dieser Nummer ist er jetzt wohl raus, ohne jegliches Nebengeräusch. Fast kryptisch klingen da seine Aussagen von letzter Woche, als er zu dem Thema Saudi-Arabien sagte: "Derzeit wird die Situation von meinen Beratern bewertet. Dann werden wir gemeinsam nach Lösungen suchen."

Seine persönliche Bilanz der Saison 2018 fällt – trotz des elften Titels in Roland Garros, wo er im Finale gegen Dominic Thiem einen glatten Sieg feierte – eher durchwachsen aus. "Es war ein kompliziertes Jahr. Es war ein sehr gutes, wenn ich Tennis spielen konnte. Aber es war ein sehr schlechtes bezüglich der Verletzungen", sagte Nadal. Damit 2019 ein richtig gutes wird, will er nun Kräfte sammeln und im Jänner in Australien wieder richtig durchstarten. Ob es noch einmal reicht für die ganz großen Momente, ließ Nadal offen – mit einem neuerlichen Hinweis auf die tickende Uhr. "Ab einem gewissen Alter laufen ihre Zeiger nicht mehr für dich. Du kannst nur versuchen, ihr Tempo zu halten."

Thiem hat die Ehre

Vorderhand ist es der US-Amerikaner John Isner, der von Nadals London-Absage profitiert und beim mit 8,5 Millionen dotierten Event die Gruppe "Guga Kuerten" komplettiert, in der ihn Djokovic (1), der Deutsche Alexander Zverev (3) und der Kroate Marin Cilic (5) erwarten. Thiem trifft im Pool "Lleyton Hewitt" auf den Schweizer Roger Federer (2), den Südafrikaner Kevin Anderson (4) und den Japaner Kei Nishikori (7). Und er hat am Sonntag (15 Uhr) die Ehre, gegen Wien-Sieger Anderson zu eröffnen. (red, sid, 6.11.2018)