Großbritanniens Streitkräfte leiden unter Nachwuchsproblemen. London will nun die Rekrutierung vereinfachen.

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Der jüngsten Statistik zufolge konnte die Regierung Ihrer britannischen Majestät Mitte 2018 auf 136.310 ausgebildete Berufssoldaten zurückgreifen: um 6,2 Prozent weniger, als es die langfristige Planung vorsieht. Binnen zwölf Monaten hatten fast 3.000 Männer und Frauen mehr die Streitkräfte verlassen, als neue hinzugekommen waren.

Bei den Waffengattungen Luftwaffe und Marine ist der Schwund weniger stark als bei der Armee. Diese hat das Ziel von 82.480 Vollzeitangehörigen zuletzt verfehlt, obwohl die Sollzahl so niedrig liegt wie seit 200 Jahren nicht. Im Jahr bis Ende Juni lag die Gesamtzahl der vollständig ausgebildeten Armeeangehörigen bei 76.880.

Der einzige Lichtblick in der jüngsten Jahresbilanz war der Anstieg von Angehörigen der Gurkhas um 5,4 Prozent. Dabei handelt es sich um nepalesische Söldner, die seit mehr als zwei Jahrhunderten für die britische Krone kämpfen. Auch Soldaten aus bis zu 40 anderen Nationen sind seit Jahr und Tag unter der Flagge des Union Jack im Einsatz. Dieser Tage, zum 100. Jahrestag des Waffenstillstands, erinnert sich das Land mit Dankbarkeit jener hunderttausender Inder, Australier und Kanadier, die dem Mutterland im Ersten Weltkrieg zu Hilfe eilten.

Aus jüngerer Zeit stammt ein hübsches Bonmot des bis 2009 amtierenden Armeechefs Lord Richard Dannatt: "Ich hatte rund 2.500 Soldaten von den Fidschi-Inseln unter meinem Kommando – mehr als der Fidschi-Kollege selbst."

Vereinfachte Rekrutierung

Allerdings, so berichtet Dannatt im "Daily Telegraph", habe man sich auch stets mit der Frage herumgeschlagen, "wie britisch die britische Armee" sein müsse. Damals habe die Faustregel gegolten: 88 Prozent Rekrutierung von den Britischen Inseln, zwei Prozent Gurkhas, der Rest aus den 52 Commonwealth-Staaten sowie vereinzelt andere Ausländer. Diese Woche gab die Regierung eine Regeländerung bekannt, welche die Rekrutierung vereinfachen soll: Zukünftig müssen Bewerber aus Commonwealth-Staaten wie Kenia, Indien oder Neuseeland nicht mehr fünf Jahre lang in Großbritannien gelebt haben, sondern können sich direkt aus ihren Heimatländern melden. "Wir suchen nach gut ausgebildeten, engagierten Leuten", erläutert Armee-Staatssekretär Mark Lancaster.

Das Sturmgewehr vom Typ SA80 stammt auch zukünftig von der deutschen Waffenschmiede Heckler & Koch (H&K) – ein willkommener Vertrauensbeweis für die zuletzt durch Managementprobleme in die Schlagzeilen geratene Schwarzwälder Waffenschmiede, die im mittelenglischen Nottingham eine kleine Manufaktur mit 20 Mitarbeitern betreibt. Dort wird das A2-Modell zum Stückpreis von rund 1.200 Euro zum A3 hochgerüstet, mit offenbar erstaunlichem Ergebnis: Angesichts der deutlich erhöhten Treffsicherheit habe man eigens die Leistungen bei Schießübungen heraufstufen müssen, heißt es bei der Armee. Der umfassende Modernisierungsprozess habe das SA80 A3 zu einer "besseren, tödlicheren Waffe als die meisten vergleichbaren" gemacht, wie Experten schwärmen.

Lukrativer Auftrag

Nach und nach sollen sämtliche 200.000 im Einsatz befindliche A2-Modelle umgerüstet werden und dann bis über 2025 hinaus im Einsatz bleiben: Der Gesamtwert des Auftrags für H&K könnte 216 Millionen Pfund (247 Millionen Euro) erreichen. Als erste Einheit erhielten die Gardegrenadiere die aufgemotzte Waffe. Da sie in diesem Jahr in Afghanistan, im Irak und im Südsudan eingesetzt waren, dürften die Waffenspezialisten der Armee mit den Eigenschaften des Sturmgewehrs zufrieden sein.

Das Vorgängermodell hatte im ersten Golfkrieg 1991 mehrfach Anlass zu Beschwerden gegeben: Wütende Squaddies (Armee-Jargon) nannten ihr Gewehr wegen seiner lahmen Leistungen nur den "Beamten". (Sebastian Borger aus London, 6.11.2018)