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Enttäuschte demokratische Unterstützer des demokratischen Kandidaten Beto O'Rourke in Texas.

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Die amtierende Fraktionschefin der US-Demokraten, Nancy Pelosi, dürfte sich noch einmal zur Vorsitzenden der Kammer wählen lassen.

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Es wurde dann doch zumindest eine kleine blaue Welle. Die Demokraten konnten bei den Midterm-Wahlen in den USA einige Gouverneursposten erobern, ihre neue Mehrheit im Repräsentantenhaus liegt im Rahmen der Erwartungen. Trotzdem mussten die Demokraten bis zum Schluss um diesen Erfolg zittern – nicht zuletzt eine Eigenart der Wahlkreisziehung, die die Republikaner bevorteilt. Doch es liegt nicht nur an diesem US-typischen Gerrymandering.

US-Präsident Donald Trump lief in den letzten Tagen vor der Wahl noch einmal zur Höchstform auf. Es wäre nicht der Dauerwahlkämpfer Trump, wenn er nicht noch rechtzeitig ein Feindbild geschaffen hätte, um seine Wähler mit Hassrhetorik an die Urnen zu peitschen: die "Migranteninvasion". Der Präsident ließ an der texanisch-mexikanischen Grenze schwerbewaffnete Soldaten aufmarschieren, was letztlich der demokratischen Zukunftshoffnung Beto O'Rourke in Texas wohl den Wahlsieg gekostet hat.

Die aggressive Hassrhetorik, die Demagogie, die Angstmache vor den "sozialistischen Demokraten" wirkten. Nicht nur den Demokraten gelang die Mobilisierung, auch überdurchschnittlich viele Trump-Sympathisanten haben sich aufgerafft, um ihre Stimmen abzugeben. Trotzdem wird das Repräsentantenhaus in den nächsten beiden Jahre wieder demokratisch dominiert. Der Präsident unterliegt nun im Sinne der "Checks and Balances" wieder einer stärkeren Kontrolle.

Kein echter Triumph

Auch wenn die Demokraten das Ergebnis als ein Aufzeigen gegen Gewaltrhetorik und herabwürdigende Attitüde interpretieren werden, als Bekenntnis gegen den egomanischen, nationalistischen Stil Trumps: Ein wirklicher Triumph sieht anders aus. Dass US-Präsidenten nach zwei Jahren bei den Halbzeitwahlen in ihrer ersten Amtsperiode Macht einbüßen, ist an sich die Regel, nicht die Ausnahme. Und trotz demokratischer Spendenrekorde, trotz bemerkenswerter Mobilisierung, trotz massiven Engagements an der demokratischen Basis: Im Senat konnten die Republikaner ihren Vorsprung sogar ausbauen.

Umso wichtiger ist es für die Demokraten und die USA, diesen Moment zu nutzen und als Partei eine Richtung zu finden, die 2020 zum Erfolg führt. Es wäre jetzt zum Beispiel ein großer Fehler, dem Drängen des linken Parteiflügels nachzugeben und für billige Populismuspunkte ein Impeachment-Verfahren gegen Trump vom Zaun zu brechen, das keine Aussicht auf Erfolg hat. Kleine, aber entschiedene Schritte sind angesagt: Neben der Russland-Affäre werden wohl auch Trumps Finanzen und Geschäftsbeziehungen oder die Vorwürfe wegen sexueller Nötigung Gegenstand parlamentarischer Untersuchungen werden.

Reiseentscheidung

Politische Glaubwürdigkeit und unaufgeregte Ernsthaftigkeit sind hier die besten Zutaten als Gegengewicht zum Wutpräsidenten Trump und seiner Partei. Mit Frontalopposition, wie es die Republikaner in Obamas erster Amtszeit vorgemacht haben, können 2020 keine Wähler zurückgeholt werden. Das gilt zumindest für die politische Kultur im Repräsentantenhaus.

Innerparteilich müssen die Demokraten sich aber noch entscheiden, wohin die Reise geht. Und das am besten im Rahmen einer lebendigen Diskussion, die Personen hervorbringt, die es mit Trump aufnehmen können. Die Bandbreite reicht vom linken Bernie Sanders bis zum etablierten Ex-Vize-Präsidenten Joe Biden und hoffentlich darüber hinaus. Die Richtungsdiskussion ist spätestens jetzt eröffnet und muss auch geführt werden. Um mit der "New York Times" zu sprechen: Der beste Weg, die Demokratie zu retten, ist, sie zu praktizieren. (Manuela Honsig-Erlenburg, 7.11.2018)