Naiver und gleichzeitig abgebrüht klingender Synchrongesang von Euroteuro: "Ein Hobby kann nicht schaden."


Foto: Christian Benesch

Wien – Eine wesentliche Lebenserfahrung widerlegt die einstige Gewissheit der Jugendzeit: Es gibt auf der Welt absolut nichts, das so schlecht ist, dass es schon wieder gut ist. Schlechtes ist schlicht und einfach immer schlecht. Punkt. Über diese Erkenntnis kann man beim Hören des Debütalbums der Wiener – ja, was?! – Spaßpartie Euroteuro gut nachdenken.

Das im Kollektiv dichtende Wiener Grüppchen um die beherzten Szeneleute und Trotzdemsänger Ninjare Di Angelo, DJ Kaktus, Cash Storm und Peter T. präsentiert nach längerer Anlaufphase nun die zwölf Lieder von Volume I (Siluh Records).

Video zu "Kopf" von Euroteuro.
Siluh Records

Auch schon wieder zwei Jahre sind mittlerweile seit Autogrill vergangen. Der hübsch in die Zeiten der Neuen Deutschen Welle verweisende, bei Leuten mit Duttfrisuren durch die Decke gehende Sommerhit – und die damit zu zackigen Beats vermittelte Sehnsucht nach italienischen Autobahnraststätten – machte uns mit gleichzeitig naiv wie auch abgebrüht vorgetragener Minimallyrik wieder einmal eines klar:

Nach der Grenze lernt man, wie man Kaffee in gut siedet – und was den Unterschied zwischen einem Schinkenkäsetoast in Arnoldstein und einem Panino in Tarvis auszeichnet: "Urlaub in Italien und alles, was ich will, ist Autogrill!"

"Musik" von Euroteuro.
Siluh Records

Andere Baustelle, selbes Verfahren. "Traurige Musik macht mich glücklich", heißt es im Kreuzfahrtschiffsreggae Musik. "Ein Hobby kann nicht schaden, ein Hobby ist ein schöner Zeitvertreib" oder "Badestrand statt Krankenstand, ich wohne jetzt im Urlaubsland" wird von Euroteuro fast, aber nur fast synchron in Hobby oder Kündigung gesungen. Es handelt sich dabei um im Sound einer Alleinunterhalterorgel gehaltene Elektroschlager für das heutige Prekariat.

Vorgetragen wird das in der Billigsdorferversion von auch schon damals nicht einmal soo guten Originalvorgaben wie Babsi Balous Hochsaison im Eissalon, Fräulein Menkes Hohe Berge oder Hubert Kahs Sternenhimmel aus den 1980er-Jahren. Übrigens: Das Gute an der Zeit, sie vergeht.

Eltern haften für ihre Kinder

Man kann Euroteuro nur bedingt für ihre Kunst verantwortlich machen. Möglicherweise wurden diese Leute damals zu dieser Musik gezeugt. Wieder einmal sind also Lehrer und Eltern dringend dazu aufgerufen, die Musik ihrer Jugend nicht an die Kinder weiterzureichen. Du wirst ernten, was du säst. Man möchte schließlich einst aus dem Radio im Tagesaufenthaltsraum im Heim nicht unbedingt Wiedergänger von Bilderbuch, Wanda oder Yung Hurn hören. Nicht vergleichbar? Horch zu, Musik wird immer als viel zu harmlos angesehen. (Christian Schachinger, 9.11.2018)