Die Art, wie Europas Christdemokraten ihren Spitzenkandidaten für die EU-Wahlen 2019 gekürt haben, ist richtungsweisend für die Weiterentwicklung der Demokratie auf gesamteuropäischer Ebene. Denn formal genommen gibt es derzeit gar keine echte "Europawahl". Die EU kennt weder transnationale Wahllisten noch eine einheitliche Wahlordnung. Die EU-Abgeordneten werden auf Basis nationaler Wahlordnungen bestimmt.

Erst nach der Wahl konstituieren sie das neue EU-Parlament, das dann die Kommission ins Amt wählt. Um das zu verbessern, haben die Parteifamilien von Christ- und Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen informell das "Modell Spitzenkandidat in allen 28 EU-Staaten" eingeführt: Der soll bei einem Wahlsieg Kommissionschef werden.

In Helsinki zeigte sich, wie belebend und greifbar das ist. Mit Manfred Weber trat ein Parlamentarier gegen einen Ex-Premier, Alexander Stubb, an – ein Unterschied im politischen Zugang. Beide präsentierten ihr eigenes Programm. Die Wähler wissen also besser, woran sie bei der EVP mit Weber sind, was von ihm auf EU-Ebene bis 2024 zu erwarten ist. So sollten das alle Parteifamilien machen.

Weber etwa bekennt sich zu einem antinationalistischen Europa der positiven Mitte. Er will mit Rechtspopulisten, die die EU schwächen wollen, nichts zu tun haben. Daran wird man ihn erinnern – wobei Viktor Orbán mit seiner Verachtung für Grundrechte die EVP-Schwachstelle bleibt. (Thomas Mayer, 8.11.2018)