Kardinal Christoph Schönborn fordert eine "verpflichtende Einbindung" von Ländern und Gemeinden beim humanitären Bleiberecht.

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Bei der Präsentation der Beschlüsse der Herbstvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz legte Kardinal Christoph Schönborn am Freitag einen Schwerpunkt auf das Thema Asyl. Die Zahl der Asylsuchenden sei deutlich zurückgegangen, doch immer häufiger komme es zu dramatischen menschlichen Situationen, wenn nach einer negativen Asylentscheidung die Abschiebung drohe.

Deshalb sprechen sich die Bischöfe für eine "großzügige Anwendung des humanitären Bleiberechts" aus. Konkret wünscht man sich eine "verpflichtende Einbindung der politisch Verantwortlichen auf Ebene der Gemeinden und der Länder". Vor allem wenn es sich um gut integrierte Familien handle. "Parteipolitisches Kalkül" dürfe weder über das Recht noch über die Menschlichkeit dominieren, sagte Schönborn, denn: "Asyl ist ein heiliges Recht und darf nicht zum Schimpfwort werden."

Schwarz gegen Türkis-Blau

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) lehnt eine Ländermitsprache beim humanitären Bleiberecht jedoch ab. Sein Parteifreund Markus Wallner, Landeshauptmann von Vorarlberg, hat sich hingegen mehrfach für mehr Mitsprache von Ländern und Gemeinden ausgesprochen. Ein diesbezüglicher Antrag wurde von allen im Vorarlberger Landtag vertretenen Parteien außer der FPÖ unterstützt. Für den Chef zählt das wenig: Kurz erklärte vor wenigen Tagen, er habe nicht den Eindruck, dass der entsprechende Vorschlag Wallners bei allen Bundesländern Unterstützung finde.

Mit dem blauen Vizekanzler ist er damit auf einer Linie: Auch Heinz-Christian Strache lehnt Änderungen bei der Entscheidungsbefugnis über humanitäres Bleiberecht ab.

Wallner hatte erklärt, dass die Möglichkeit der Einflussnahme vonseiten der Länder und Gemeinden, die es vor 2014 gab, gut gewesen sei. Dafür hatte er Unterstützung vom Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) erhalten. Jetzt befürwortet auch die Österreichische Bischofskonferenz ein solches Vorgehen.

Novemberpogrom

Schönborn erinnerte anlässlich des 80. Jahrestags der Novemberpogrome zudem an das damalige Versagen der christlichen Gemeinschaft. Ein jahrhundertelang religiös verbrämter Antijudaismus habe "zu lange jene Kräfte geschwächt, die nötig gewesen wären, um als Christen dem nationalsozialistischen Rassenwahn und Antisemitismus entschieden entgegenzutreten". Erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil sei es hier zu einem Wandel in Richtung Geschwisterlichkeit gekommen. Heute stünden die christlichen Kirchen in Österreich unverbrüchlich an der Seite der jüdischen Gemeinde. (Aaron Brüstle, 9.11.2018)