Ein Ansatz zur Behandlung von weißem Hautkrebs: Wirkstoffe werden im Körper selbst produziert, nur ihr "Bauplan" wird Patienten verabreicht.

Foto: Dirk Strunk

Heller Hauttyp, zu lange ungeschützt in der Sonne und dann noch eine genetische Disposition, die einschlägige Erkrankungen begünstigt: Das ist ein Rezept, das aktinische Keratose entstehen lässt. Gerade bei älteren Menschen schädigt die UV-Strahlung die DNA in den Hautzellen und lässt die rötlichen oder bräunlichen Flecken mit rauer, oft schuppiger Oberfläche entstehen, die auch langfristig nicht abheilen. Es ist eine Erkrankung, die unbedingt behandelt werden sollte. Denn aktinische Keratose ist die häufigste Vorstufe von verschiedenen Formen des weißen Hautkrebs, die entstehen, wenn sich die Schädigung in untere Hautschichten ausdehnt.

Zu den Behandlungen gehören Wirkstoffe in Cremes, Kälte- oder Laserbehandlungen bis hin zu operativen Methoden oder Bestrahlungen bei weit fortgeschrittenem Hautkrebs. Zu diesen Ansätzen könnte in einiger Zeit noch eine weitere Therapieform kommen, die verspricht, eine besonders effiziente und verträgliche Wirksamkeit entfalten zu können. Denn die Wirkstoffe sollen im Körper selbst produziert werden, lediglich ihr "Bauplan" wird den Patienten verabreicht.

Diesen Ansatz verfolgen die Biologen Walter Schmidt, Frank Mattner und Markus Mandler im Rahmen des 2015 gegründeten Wiener Unternehmens Accanis. Sie sind damit Teil des Trends innerhalb der pharmazeutischen Entwicklung, sogenannte mRNA für die Behandlung von Patienten nutzbar zu machen. Das Start-up, das mittlerweile 15 Mitarbeiter beschäftigt, wurde im Rahmen des Seed-Programms der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (AWS) sowie durch die Förderagentur FFG unterstützt. Eigenkapital kommt zudem von privaten Investoren.

Boten der Proteinerzeugung

Die Messenger-RNA, die im Zentrum des Ansatzes steht, hat im Körper eine natürliche und überaus wichtige Funktion. Sie kopiert die Informationen, die in der DNA gespeichert sind, um sie zum Ribosom zu bringen – jenem Teil der Zelle, wo Proteine entsprechend ebendieser Informationen hergestellt werden. Schafft man es nun, außerhalb des Körpers hergestellte mRNA-Moleküle, die die Blaupause für einen medizinischen Wirkstoff in sich tragen, in die Zellen einzubringen, ergibt das eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten. Für Accanis-Mitgründer und Geschäftsführer Walter Schmidt ist diese neue Substanzklasse der pharmazeutische "Blockbuster der Zukunft".

Die Gründer Schmidt und Mattner, die auch schon bei früheren Unternehmensprojekten zusammengearbeitet haben, haben sich bei Accanis bewusst für dieses vielversprechende Forschungsfeld entschieden. Mit der Konzentration auf Hautkrankheiten wurde eine Nische gefunden, die noch kaum besetzt ist.

Das Protein, auf das Accanis mit seiner mRNA-Entwicklung abzielt, ist bereits seit den 1980er-Jahren für seine Wirksamkeit bekannt. Gewöhnlich wird es mithilfe von Bakterien oder Zellkulturen in Labors hergestellt. Mit der Produktion im Körper soll es nun zum körpereigenen Wirkstoff werden – mit dem entsprechenden Vorteil, dass es voll an das zu behandelnde Organ oder Gewebe, in dem es entsteht, angepasst ist.

Neben der Codierung des Proteins in den synthetisch hergestellten RNA-Molekülen gibt es noch weitere Stellschrauben, an denen die Entwickler im Zuge der Medikamentenentwicklung drehen müssen: "In den regulatorischen Sequenzen der mRNA kann man bestimmen, wie häufig und wie lange die Information abgelesen werden soll. Damit kann die Anwendung optimiert werden", erklärt Schmidt. Der Wirkstoff wurde auch bereits zur Patentierung eingereicht.

Die Entwickler sind nun so weit, mit ihrem Wirkstoff bald in eine klinische Studie zu gehen, in der zuerst Sicherheit und Verträglichkeit sichergestellt werden sollen. Eine Studie, die Accanis gemeinsam mit der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg durchführte und die im Fachjournal Scientific Reports publiziert wurde, zeigt anhand von menschlichen Hautproben, dass die Entwickler die Effektivität der in vitro hergestellten mRNA tatsächlich steuern können. "Die Erkenntnisse bilden eine wichtige Grundlage, um schnell mit klinischen Tests am Menschen beginnen zu können", betont Mandler. "2019 soll es so weit sein." Läuft alles nach Plan, könnte in fünf Jahren ein mRNA-Wirkstoff am Markt sein, der mittels Mikronadeln in die Haut eingebracht wird, um weißen Hautkrebs sowie seine Vorstufen zu behandeln. Accanis arbeitet zudem auch an Anwendungen in der ästhetischen Dermatologie – etwa für die Abmilderung von Falten oder Narben. (Alois Pumhösel, 11. 11. 2018)