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Leipzig – Die Führung der deutschen Grünen ist auf Distanz zu Äußerungen des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) gegangen, der Gruppen junger und männlicher Flüchtlinge aus den Großstädten fernhalten will. "Das ist nicht unsere Sprache", sagte Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner am Samstag am Rande des Grünen-Parteitags in Leipzig.

Diese "radikale Sprache" kenne er auch von Kretschmann nicht. Der Ministerpräsident hatte sich dafür ausgesprochen, künftig "junge Männerhorden" unter den Flüchtlingen aus Sicherheitsgründen von Großstädten fernzuhalten. "Man muss sie trennen und wahrscheinlich auch schauen, dass man solche Leute aus den Großstädten rausnimmt", sagte er der "Heilbronner Stimme" und dem "Mannheimer Morgen" (Samstags-Ausgaben). "Großstädte sind für solche Leute wegen der Anonymität attraktiv und weil sie dort Gleichgesinnte treffen. Der Gedanke, dass man da welche in die Pampa schickt, ist nicht falsch. Das sind Dinge, die wir gerade überlegen."

Nein der Grünen zu Ankerzentren

Kellner betonte allerdings, Kretschmann bestätige mit seinen Äußerungen das Nein der Grünen zu den von der deutschen Regierung geplanten Ankerzentren, in denen Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive ihr gesamtes Asylverfahren durchlaufen sollen.

Hintergrund von Kretschmanns Äußerungen ist der Fall einer 18 Jahre alte Studentin in Freiburg, die nach einem Discobesuch von mehreren Männern vergewaltigt worden sein soll. Acht Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft – sieben Syrer im Alter von 19 bis 29 Jahren und ein 25 Jahre alter Deutscher.

"Salopp gesagt ist das Gefährlichste, was die menschliche Evolution hervorgebracht hat, junge Männerhorden", sagte Kretschmann. "Solche testosterongesteuerte Gruppen können immer Böses anrichten." Die Vergewaltigung in Freiburg sei ein schlimmes Beispiel. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass eine kleine Minderheit Gewaltbereiter eine große Zahl von rechtschaffenen Asylsuchenden diskreditiere.

Zwischen Kretschmann und der Grünen-Spitze hatte es schon häufiger Differenzen in der Asylpolitik gegeben. Zum Leipziger Europa-Parteitag, auf dem die Partei die Wahl im kommenden Jahr vorbereitet, erschien der Ministerpräsident nicht. Die Delegierten wählten am Samstag die Europaabgeordneten Ska Keller und Sven Giegold zu Spitzenkandidaten für die Wahl im Mai 2019. (APA, 10.11.2018)