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In Facebook-Gruppen und auf Twitter wurde nach dem Verbleib von Sophia gesucht

Foto: Reuters/Pfaffenbach

Es ist ein Donnerstagabend in Bayern, als die Verwandten von Sophia Lösche erstmals befürchten, dass etwas nicht stimmt. Die 28-jährige Studentin wollte ihre Eltern besuchen, kam jedoch auch mit dem letzten Zug nicht am Bahnhof an. Für die Polizei, die am nächsten Morgen aufgesucht wird, ist das eine zu kurze Zeitspanne, außerdem will sie klären, ob nicht die Polizeistelle in Sophias Wohnort Leipzig verantwortlich ist. Für die Verwandten ist hingegen klar, dass sie etwas unternehmen müssen. Sie beginnen, im Netz auf Sophias Verschwinden aufmerksam zu machen.

Hinweise gesucht

Sopias Bruder Andreas Lösche, Tourmanager und Lokalpolitiker der Grünen, bittet Nutzer auf Twitter, Facebook und mit einer eigenen Webseite, Hinweise auf den Verbleib seiner Schwester zu suchen. Binnen kurzer Zeit helfen hunderte Menschen mit, fahren Krankenhäuser und Raststätten ab. Nach dem Hinweis eines Freundes wird klar, dass Sophia am Donnerstagabend als Autostopperin unterwegs war und in den LKW eines marokkanischen Truckers eingestiegen ist.

Tausende Shares

Der Vermisstenaufruf wird tausende Male verbreitet und findet so seinen Weg in die Trucker-Community, die sich in eigenen Gruppen austauscht. Dort meldet sich ein polnischer Fahrer, der Sophia um 18:20 Uhr bei einer Raststätte in den LKW einer marokkanischen Spedition einsteigen sah. Verwandte bitten nun die Polizei mit Nachdruck, das Video der Überwachungskamera auszuwerten. Wieder werden die neuen Informationen geteilt, die Spedition rasch identifiziert.

Nach einer Nachfrage bei der Polizei ruft Sophias Familie dort an, wenig später meldet sich der Fahrer – und mutmaßliche Mörder. Er übermittelt zahlreiche Fotos, um zu "beweisen", dass er Sophia wieder aussteigen ließ. Sie verraten seine Route, später findet die spanische Polizei eine halbverbrannte Frauenleiche. Mittlerweile wird der LKW-Fahrer verdächtigt, in weitere ungeklärte Verbrechen verwickelt zu sein.

Kritik an der Polizei

"Auf die Polizei kann man nicht warten", sagt Andreas Lösche zur Süddeutschen Zeitung. Er beklagt, dass die Behörden die Möglichkeiten sozialer Netzwerke nicht nutzen. Doch Aufrufe an die Community bergen auch Gefahren, so könnten etwa Verdächtige vorgewarnt werden. In Lösches Fall sorgte die Herkunft des Verdächtigen für eine Welle an ausländerfeindlichen Hasskommentaren, die nicht im Sinne der Familie waren.

So tauchte Sophias Foto auf Plakaten bei rechtsextremen Demonstrationen auf. Dagegen wehrt sich nun ihr Bruder. (red, 11.11.2018)