Wien – Nach dem am vergangenen Freitag geschlossenen Vergleich zwischen dem Burgtheater und Ex-Direktor Matthias Hartmann weist dieser nun in einem Interview auf der Online-Plattform "Addendum" dem früheren Geschäftsführer und späteren Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) sowie der Kulturpolitik Schuld zu. "Der Skandal des Burgtheaters beginnt mit der Ausgründung", so Hartmann.

Dabei seien im Jahr 1999 "ganz erhebliche Fehler gemacht" worden. Man habe bald feststellen müssen, "dass die Mittel, mit denen diese GmbHs bestückt wurden, nicht ausreichen, um den Betrieb zu leisten. Und dann wurde getrickst." So seien unter Geschäftsführer Drozda und dessen Nachfolgerin Silvia Stantejsky Bilanzen bereits vor Hartmanns Bestellung zum künstlerischen Direktor gefälscht worden. Grund seien steigende Löhne bei fehlender Valorisierung gewesen. Als Hauptproblem nennt Hartmann die Aktivierung von Eigenproduktionen, die in den Bilanzen über Jahre hinweg als Wert aufscheinen.

"Wegschauen auf allen Seiten"

"Ich habe den Eindruck, dass dieses Wegschauen auf allen Seiten etwas politisch Opportunes und Bequemes war, und möglicherweise bis in die Holding hineingeht", so Hartmann in dem Video-Interview auf "Addendum", das ein Produkt von Dietrich Mateschitz' Quo Vadis Veritas Privatstiftung ist. Hartmann, der in Mateschitz' Red Bull Media House als Creative Direktor arbeitet, präzisiert: "Ich unterstelle der Politik erstmal keinen Vorsatz darin, sondern eher .... man könnte sagen, ein vorsätzliches Wegschauen." Hartmann betont, dass er und sein Wirtschaftsprüfer es gewesen seien, die im Herbst 2013 Licht in die verworrene Gebarung des Burgtheaters hatten bringen wollen. "Also musste ich aus dem Boot raus. Als ich aus dem Boot ausstieg, wurde ich kurze Zeit später entlassen." In der Öffentlichkeit sei er als derjenige hingestellt worden, der die Schulden verursacht habe.

Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) "wollte als erste große Entscheidung seines ministerialen Daseins diese Personalie machen und war sich durch die Reibungen, die am Burgtheater entstanden waren, auch einig, dass er damit ganz gut durchkommt". Dabei hätte Ostermayer laut Hartmann die Möglichkeit gehabt, zu wissen, dass die Missstände bereits vor Hartmanns Antritt da gewesen seien. "Es steht die Vermutung für mich im Raum, ob er, der ein strammer Parteisoldat war und die SPÖ im starken Griff führte, für seinen Kanzler Faymann nicht damals alle Hände voll zu tun hatte, die Versäumnisse der Vergangenheit auf diesem Wege auszugleichen."

Drozda behält sich rechtliche Schritte vor

Der frühere Burg-Geschäftsführer Thomas Drozda hat die Kritik Hartmanns indessen am Montagnachmittag "deutlich" zurückgewiesen. In einer schriftlichen Stellungnahme spricht der SPÖ-Bundesgeschäftsführer von "tatsachenwidrigen und rufschädigen Behauptungen". Er behalte sich daher medien- und zivilrechtliche Schritte vor.

Eine von Hartmann in den Raum gestellte Bilanzfälschung während seiner Zeit am Burgtheater sei bereits Gegenstand einer anonymen Anzeige gewesen, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden allerdings eingestellt, so Drozda. Auch die Abschreibungen von Produktionen über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren seien in der damaligen Direktion üblich gewesen und mit der konkreten Nutzungsdauer in Zusammenhang gestanden. Zudem verwies Drozda auf eine 2008 durchgeführte Steuerprüfung, die keinerlei Beanstandungen ergeben habe. (APA, 12.11.2018)