Je mehr ein Waldweg benutzt wird, desto mehr stören sich Waldvögel daran, und das auch noch nach Jahren. An Menschen gewöhnen können sich offenbar nicht alle Arten, wie eine Studie der Schweizer Vogelwarte Sempach zeigt.

Wege und Straßen zerschneiden Lebensräume und bedeuten Barrieren für Wildtierbestände. Forscher der Schweizer Vogelwarte Sempach haben nun untersucht, ob die Wege selbst oder die menschliche Aktivität darauf den größeren Einfluss auf waldlebende Vögel haben. Das reine Vorhandensein eines Weges hat demnach weniger Bedeutung als die Häufigkeit, mit der er begangen wird, berichteten die Wissenschafter im Fachblatt "Frontiers in Ecology and Evolution".

"Frühere Studien lieferten widersprüchliche Ergebnisse über die Auswirkungen von Waldwegen auf Vögel", sagte Studienleiter Yves Bötsch von der Vogelwarte. Einige Studien hätten negative Effekte gezeigt, andere nicht. Seine Kollegen und er wollten daher prüfen, ob Unterschiede in der Intensität der menschlichen Nutzung der Grund dafür sein könnte.

Sensible Spechte

Bötsch und Kollegen untersuchten vier Waldgebiete, die sich sehr stark ähnelten, aber wo unterschiedlich häufig Menschen unterwegs sind. Sie erfassten alle Vögel, die sich in der Nähe von Wegen hören oder blicken ließen. Das Ergebnis: An viel besuchten Waldwegen finden sich sowohl weniger Vogelarten als auch weniger Individuen insgesamt. Und das auch, wenn die Pfade schon seit vielen Jahren häufig von Wanderern und Spaziergängern frequentiert werden.

Einige Vogelarten zeigten sich dabei besonders empfindlich: Raubvögel wie Bussarde, Sperber oder Spechte, die bei Annäherung durch Menschen früh die Flucht ergreifen, mieden die Wege ganz besonders, sogar dort, wo nur selten Menschen unterwegs sind.

"Generell nimmt man an, dass Wandern in der Natur der Tierwelt nicht schade", sagte Bötsch. "Aber unsere Studie zeigt, dass sich die Vogelwelt selbst in seit Jahrzehnten häufig besuchten Wäldern nicht genug an Menschen gewöhnt hat, um die negativen Effekte der Störung auszugleichen." Die Studienautoren raten daher davon ab, geschützte Waldgebiete durch neue Wege zu erschließen. Dort, wo es bereits Pfade gebe, sollten Wanderer nicht abseits der Wege gehen, um die negativen Auswirkungen auf die Tierwelt möglichst gering zu halten. (red, APA, 12.11.2018)