Im vorderen Teil des Raumes rattert eine Maschine, hier und da ist leises Getuschel zu vernehmen. Auch aus den hinteren Räumen dringt das dumpfe Geräusch arbeitender Geräte. An einer Wand steht eine Werkbank, bestückt mit Schraubenziehern, Hämmern, allerlei Kabeln und elektronischen Geräten.

Neben einem Getränkeautomaten lädt eine Sofaecke zu einer Pause ein. Luis Ringhofer sitzt in der Mitte des Raumes an einem Tisch. Der junge Mann blickt konzentriert auf seinen Laptop, auf dessen Bildschirm langsam ein Gebilde aus bunten Linien erkennbar wird. Ein Produktentwurf für eine Visitenkarte aus Holz.

Ringhofer ist einer von 1.700 Nutzern des Happylab, einer offenen Werkstatt im zweiten Wiener Bezirk. Diese sogenannten Fab Labs sind das Herzstück einer Bewegung, der Maker-Movement, deren Anfänge ins Jahr 2002 zurückreichen.

Aus dem 3D-Drucker schlüpft die Figur eines Eichhörnchens.
Foto: Christoph Welkovits

Neil Gershenfeld, Physikprofessor am MIT in Boston, beobachtete damals, wie wenig ausgelastet die Hightech-Geräte des Instituts waren. Er beschloss daher, seinen Studierenden uneingeschränkten Zugang zu den vorhandenen Maschinen zu ermöglichen. Inzwischen gibt es weltweit über 1.400 dieser offenen Werkstätten. Und genau das kennzeichnet die Maker-Bewegung: die Demokratisierung von Produktionsmitteln.

30 Maker-Spaces

Das Happylab ist nicht der einzige Ort für Selbermacher, um die 30 Maker-Spaces gibt es in ganz Österreich. Auch im Metalab beim Wiener Rathaus und in der sogenannten Selbermacherei des Vereins Maker Austria in der Schönbrunner Straße teilen sich Mitglieder Werkzeug und Wissen. Der Community-Gedanke steht für die Maker-Bewegung im Vordergrund.

Die Geräte und deren Erhaltung werden aus Mitgliedsbeiträgen finanziert, Ideen und Wissen können untereinander ausgetauscht werden. Der wichtigste Grundsatz: Fab Labs (englisch: Fabrication Laboratories, zu Deutsch: offene Werkstätten) sollen für jeden Interessierten offen sein, egal welchen Hintergrund und welche Ideen er auch immer mitbringt. Kreative verschiedenster Disziplinen kommen hier zusammen, um Ideen auszutauschen und um zu werkeln. Zu machen.

Aus purer Freude am Selbermachen entstand zum Beispiel diese Leuchte namens "Leaf", die unter dem Labelnamen Kairoz produziert wird.
Foto: Lukas Friesenbichler

So wird Privatpersonen Zugang zu Produktionsmitteln und industriellen Fertigungsverfahren ermöglicht, den diese sonst aus finanziellen oder strukturellen Gründen nicht hätten. Fehler zu machen ist beim "Machen" erlaubt, es ist sogar erwünscht, nur so kann man lernen.

"Es geht um das, was möglich ist. Wie kann man zum Beispiel Grenzen von Maschinen verschieben, damit sie noch einfacher werden? So ticken die Maker", sagt Karim Jafarmadar vom Happylab. Die Maker-Bewegung ist eine Erweiterung der DIY-Movement – do it yourself. Für die Anhänger dieser Bewegung stehen Selbstermächtigung und in gewisser Weise Konsumkritik im Vordergrund. Die Maker erweitern dies um eine technische Komponente.

Zeit und Nerven

Luis Ringhofer hat seinen Entwurf fertiggestellt. Am Lasercutter will er seine Visitenkarten produzieren. Doch bis sie tatsächlich so aussehen, wie er sich das vorstellt, braucht es einige Anläufe. Die Schrift ist nicht mittig, die Karten sind an einigen Stellen ein bisschen verbrannt, die Ecken nicht schön abgerundet. Die richtige Handhabung des Lasercutters kostet den Maker viel Zeit und vor allem viele Nerven. Doch am Ende lohnt es sich.

Gemeinsam mit Marvin Ringhofer, Hendrik Thomas und Thomas Fadini hat Luis Ringhofer das Start-up Stiege 4 gegründet. Hinter einer selbstgeschreinerten mobilen Bar servieren die Jungs hausgemachte Cocktails und Limonaden auf Straßenfesten, Partys und überall, wo gerne getrunken wird.

Ihren Erfolg haben die vier auch den selbstgemachten T-Shirts, Visitenkarten und Gummibärchenformen zu verdanken. Das Credo des Quartetts: Alles selber machen. Von der Bar über das Merchandising bis hin zu den Drinks. "Ohne so etwas wie ein Fab Lab würde das gar nicht gehen. Es ist ja überall das gleiche Prinzip. Wir zahlen wenig Geld und können die Geräte benutzen", sagt Ringhofer.

Der Lasercutter ist ein beliebtes Gerät bei den Makern.
Foto: Konrad Fersterer

Für junge Unternehmer und Start-ups ist die Maker-Movement tatsächlich eine enorme Chance. Nicht wenigen gelingt durch das Angebot von Fab Labs der erfolgreiche Launch eines Unternehmens, wie Roland Stelzer vom Happylab erzählt. "Das freut uns natürlich, wenn man merkt, dass das jetzt nicht mehr nur ein paar Leute in einer Werkstatt sind. Man hat das Gefühl, dass das auch in einer größeren Form etwas bewirkt."

Der kommerzielle Nutzen ist für die Maker aber eher nebensächlich. Vielen geht es einfach um den Spaß. Sie haben Freude daran, auszuprobieren, Möglichkeiten zu entdecken. Durch die Community, die Fab Labs bieten, ist auch Austausch möglich, interdisziplinäres Arbeiten. Vorteile, die man allein in der eigenen Werkstatt natürlich nicht hat.

"Mir fällt auf, dass die Leute aus den unterschiedlichsten Fachbereichen oder auch gesellschaftlichen Bereichen daherkommen und sich gegenseitig über die Schulter schauen, Tipps geben, einander kritisieren oder auch Verständnis füreinander entwickeln", so Stelzer.

In gewisser Weise ist die Maker-Bewegung auch als Kapitalismuskritik zu verstehen. Was gebraucht wird, wird selbst gemacht. Blindes Konsumieren rückt in den Hintergrund, ebenso die Frage nach dem Besitz. Anleitungen zum Selbermachen oder Reparieren beruhen auf dem Open-Source-Prinzip. 16.000 Reparaturanleitungen und 64.000 beantwortete Fragen in elf Sprachen sind auf Plattformen wie ifixit online für jeden mit nur einem Klick verfügbar.

Freude am Machen

Fab Labs sind aber nicht nur offen für Profis. Auch Laien können hier in Kontakt mit den technischen Geräten kommen, die Freude am Selbermachen entdecken. Angst vor den Maschinen oder vor zu wenig Know-how gibt es in der Maker-Bewegung nicht. Man muss die Geräte nicht verstehen, um sie bedienen zu können. Im Happylab gibt es beispielsweise jede Woche Führungen, bei denen die Geräte erklärt werden. In einer Woche der 3D-Drucker, in einer anderen Woche der Lasercutter und die Woche darauf dann die Fräsmaschine.

Viele, die Maker-Spaces nutzen, kommen wegen der 3D-Drucker, bleiben dann aber bei anderen Geräten hängen. Vor allem der Vinylcutter hat es vielen Makern angetan, er ist sehr einfach zu bedienen. Damit kann man sehr unkompliziert Schablonen herstellen und beispielsweise Textilien bedrucken.

Manche Leute wollen einfach nur ein kleines Geburtstagsgeschenk selber machen, vielleicht ein personalisiertes T-Shirt. Andere bauen Stühle, Architekturstudenten produzieren Modelle für Häuser. Wieder andere kommen in ein Fab Lab, wenn sie eine Idee eines Produktes im Kopf haben, das es so nirgendwo zu kaufen gibt.

Dann versuchen sie eben, es selbst zu machen. Egal mit welchem Know-how oder welcher Intention man in ein Fab Lab kommt, eines ist alles Makern gemein: Sie nutzen ihre eigenen Hände, um etwas zu erschaffen, sie sind Macher. Oder eben Maker. (Felicitas Lindner, RONDO, 7.12.2018)