Nach den Midterm-Wahlen ist vor der Mueller-Anklage: Mehrere Personen zittern derzeit vor den Staatsanwälten rund um Sonderermittler Robert Mueller, die die russische Einmischung in den US-Wahlkampf untersuchen sollen.

Zahlreiche Vertraute von US-Präsident Donald Trump, darunter der ehemalige Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn, der ehemaliger Wahlkampfleiter Paul Manafort und sein Stellvertreter Rick Gates sowie Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen und viele mehr bekannten sich bereits wegen unterschiedlicher Vergehen schuldig.

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Sonderermittler Robert Mueller schweigt und ermittelt: Dennoch befürchten zahlreiche Personen aus dem Umfeld Donald Trumps, dass sie demnächst angeklagt werden könnten.
Foto: AP Photo/Andrew Harnik, File

Vor Wahlen sind US-Staatsanwälte dazu angehalten, keine Ermittlungsschritte zu setzen, die den Anschein erwecken könnten, die Abstimmung zu beeinflussen. Mueller hielt sich daran und erhob in dem 60 Tage dauernden Zeitraum keine Anklage.

Diese Schonfrist ist aber offenbar bald vorbei: Jerome Corsi, ein langjähriger Bekannter von Trump-Intimus Roger Stone, sagte Anfang der Woche, dass er damit rechnet, demnächst wegen falscher Zeugenaussage angeklagt zu werden. Corsi, hauptberuflich Verschwörungstheoretiker, wurde bereits stundenlang von Muellers Team befragt und glaubt offenbar selbst, dass er dabei gelogen hat: "Ich werde angeklagt", sagte er in einem Livestream-Video am Montag. Ein TV-Interview am Dienstag, sagte er kurzfristig ab.

Auch Trump-Vertrauter befürchtet Anklage

Auch Roger Stone selbst rechnet bereits mit einer Anklage. Der Wahlstratege und langjährige Vertraute von Trump könnte jene Person sein, die bereits in einer anderen Anklageschrift Muellers erwähnt wird. Diese – noch anonym gehaltene – Person soll demnach während des Wahlkampfes mit russischen Agenten in Kontakt gestanden sein.

Russland soll laut Anklage hinter dem Hackerangriff und dem Diebstahl tausender E-Mails aus Hillary Clintons Wahlkampagne stecken, die mitten im Wahlkampf veröffentlicht wurden. Stone sagte, die Anklageschrift mache deutlich, dass er nicht mit den Hackern zusammengearbeitet habe und auch keine gestohlenen E-Mails weiterverbreitet oder dabei geholfen habe. Mueller sieht das womöglich anders.

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Trump-Vertrauter Roger Stone ist im Fokus der Ermittler.
Foto: REUTERS/Kevin Lamarque/File Photo

Doch Stone und sein Umfeld zeigen sich kämpferisch. Andrew Miller, ein ehemaliger Mitarbeiter von Stone, weigert sich sogar, in der Mueller-Untersuchung auszusagen. Vor Gericht bekämpfen seine Anwälte derzeit eine Vorladung des Sonderermittlers. Sie argumentieren, dass Muellers Autorität ausufernd und damit verfassungswidrig sei. Mueller könne machen, was er wolle, ohne kontrolliert zu werden, lautet der Vorwurf.

Die Vertreter der Anklage hingegen argumentieren, dass Mueller den Richtlinien des Justizministeriums unterliegt. Er müsse entscheidende Ermittlungsschritte an den amtierenden Justizminister berichten.

"Ich betrachte es als illegale Untersuchung"

Den Versuchen, die Mueller-Ermittlungen vor Gericht zu Fall zu bringen, scheint der US-Präsident recht zugetan zu sein. Im August sagte er bereits, dass er die Ermittlung für unrechtmäßig hält. "Ich betrachte es als illegale Untersuchung", sagte er der Finanznachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf "große Gelehrte".

Jeff Session (links) musste abdanken, sein Stabschef Matthew Whitaker (rechts) folgt ihm vorübergehend nach.
Foto: Saul LOEB / AFP

Doch Trump belässt es nicht nur bei Worten. Kritiker befürchten, dass Trump mit der Absetzung seines Justizministers Jeff Sessions Schritte gesetzt hat, um die Ermittlung direkt zu behindern. Sessions selbst mischte sich wegen Befangenheit nicht in die Ermittlungen ein, stattdessen beaufsichtigte der stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein die Untersuchung.

Doch nach der Wahlschlappe bei den Midterms setzte Trump überraschend Matthew Withaker als amtierenden Justizminister ein. Whitaker ist alles andere als unvoreingenommen und gilt als scharfer Kritiker der Mueller-Untersuchung. Der ehemalige Stabschef von Session erklärte in der Vergangenheit bereits mehrfach, dass es keine Absprache zwischen Präsident Trump und Moskau gab und die Ermittlung von Mueller eine Zeitverschwendung sei.

Budget 2019 gesichert

Für Mueller deutlich gefährlicher ist aber der Vorschlag Whitakers, das Budget der Mueller-Untersuchung zu kürzen und so die Ermittlungen langsam und leise zu begraben.

Ein Vorschlag, der – zumindest im kommenden Jahr – schwierig umzusetzen ist: Das Budget für die Mueller-Untersuchung 2019 wurde bereits verabschiedet, und das Weiße Haus betont, keinerlei Pläne zu haben, der Mueller-Ermittlung den Geldhahn abzudrehen.

Whitakers Bestellung lässt bei den oppositionellen Demokraten die Alarmglocken schrillen. Einige Abgeordnete halten die Bestellung von Whitaker sogar für verfassungswidrig.

Bis zu 210 Tage im Amt

Denn die US-Verfassung gibt dem Senat Mitspracherecht bei der Bestellung eines neuen Kabinettsmitglieds. Trump umging diese Regelung, indem er Whitaker nur zum amtierenden Justizminister ("acting attourney general") bestellte. In dieser Funktion kann Whitaker ohne Senatsanhörung bis zu 210 Tage im Amt bleiben.

Bisher galt es jedoch als Usus, dass nur Personen diesen Posten einnehmen, die bereits vom Senat für einen anderen Posten bestellt wurden. Rod Rosenstein zum Beispiel hat als stellvertretender Justizminister bereits eine Senatsanhörung hinter sich. Mit der vorübergehenden Bestellung von Whitaker wurde aber mit dieser Gepflogenheit gebrochen. Der Bundesstaat Maryland hinterfragt in einer Klage die Legalität von Whitakers Bestellung.

Entsprechend verärgert sind auch die oppositionellen Demokraten. Ab Jänner, wenn das neu gewählte Repräsentantenhaus zusammentritt, kontrollieren sie jedoch entscheidende Ausschüsse im Parlament.

Der erste Wunschzeuge für den Justizausschuss: der neue amtierende Justizminister. (Stefan Binder, 14.11.2018)