Vor dem Konzertsaal, in dem 90 Menschen ermordet worden waren, wurde am Dienstag eine Gedenkfeier abgehalten.

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Am 13. November 2018 jährt sich zum dritten Mal jener Tag, an dem in Paris ein Katastrophenzustand ausbrach. Die Pariser waren aufgefordert, sich in Wohnungen und Lokalen zu verschanzen, während Einsatzkräfte zu einem Gewaltschauplatz nach dem anderen eilten. Erst wurden Explosionen bei einem Fußballmatch mit 80.000 Zuschauern, darunter auch der damalige Präsident François Hollande, gemeldet. Dann gingen Notrufe ein, die von Schüssen an mehreren Adressen im Nordosten von Paris berichteten. Und schließlich kam die Meldung von einer Geiselnahme hunderter Konzertbesucher.

Mit Maschinengewehren und Sprengstoffwesten ausgerüstet, hatten drei Terroristen-Kommandos in kurzen Abständen das Fußballstadium Stade de France, mehrere Bistros, deren Terrassen an dem lauwarmen Novemberabend gut besucht waren, und den Konzertsaal Le Bataclan attackiert. Insgesamt töteten neun islamistische Attentäter 130 Menschen und verletzten 350 weitere.

Die Gedenkfeier führte quer durch Paris

Zum Gedenken an die Opfer haben Frankreichs amtierender Premierminister Édouard Philippe und die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, am Dienstagmorgen an einer Zeremonie teilgenommen, bei der auch viele Überlebende und Angehörige der Ermordeten anwesend waren. Die Prozession begann vor dem Stade de France, wo 2015 eine Person getötet wurde. Danach versammelten sich die Menschen vor den Bars und Restaurants, auf die die Schießereien abzielten. Sie endete vor dem Bataclan, in dem 90 Menschen ermordet wurden.

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Im Gedenken an die Opfer des 13. November 2015 führten Premier Philippe und Bürgermeisterin Hidalgo eine Prozession zu den Angriffsorten an.
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Inzwischen hat der Konzertsaal längst wieder den Betrieb aufgenommen. Auch die sechs Cafés und Restaurants haben unter dem gleichen Namen und der gleichen Führung ein neues Kapitel begonnen – manche wurden dafür komplett umgebaut, andere haben nur die Glasscheiben mit den Einschusslöchern ausgewechselt. So sind die Bistros zu einem Symbol für Resilienz geworden: Nach ihrer Wiedereröffnung kehrten die Pariser in die Lokale zurück, um zu zeigen, dass Terrorismus ihren Lebensstil nicht zerstören könne. Doch die Wunden sind längst noch nicht verheilt.

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Angehörige und Überlebende versammelten sich nach der Prozession, um ihrer Toten zu gedenken und sich gegenseitig Mut zu machen.
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Terror beeinflusste psychische Gesundheit

Die Terroranschläge von 2015, also auch jener von Jänner auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo", haben die Franzosen im Bezug auf Gesundheit (Stress, Trauma, Angstzustände, somatische Störungen) und im kollektiven Gedächtnis zutiefst getroffen. Das zeigen am Dienstag veröffentlichte Studien der französischen Gesundheitsbehörde. Bei vielen Überlebenden und den Helfern sei eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert worden. Allerdings habe nur die Hälfte der Betroffenen professionelle psychologische Betreuung in Anspruch genommen. Hingegen wurde unter den Überlebenden ein gesteigerter Konsum von Alkohol, Tabak und Drogen verzeichnet. Laut einer Studie hat auch die allgemeine Gesundheit der Franzosen unter dem Terror gelitten: In den Tagen nach den Anschlägen verzeichneten die Krankenhäuser mehr Spitalsaufenthalte wegen Stress- und Angstsymptomen als gewöhnlich.

Am Dienstagabend wird Opfern und Überlebenden der Attentate die im Juli 2016 ins Leben gerufene "Nationale Medaille der Anerkennung an die Opfer des Terrorismus" verliehen. Als "Symbol der Solidarität" gedacht, soll die Medaille Opfer des Terrorismus anerkennen – und nicht wie die Ehrenlegion außergewöhnliche Dienste an der Nation belohnen. Insgesamt wird die Medaille am Dienstag allerdings nur an 124 Menschen übergeben. Einige Überlebende und Angehörige der Opfer lehnen sie ab. Der Betroffene Emmanuel D. hatte die Idee als skurril beschrieben und sagte, dass er sich unwohl fühlen würde, dafür ausgezeichnet zu werden, einem Unglück entgangen zu sein. Elisabeth B., die Mutter einer jungen Frau, die am 13. November ermordet worden war, sagte, sie finde es albern, um die Medaille ansuchen zu müssen: Entweder der Staat erkenne die Opfer automatisch als Kriegsopfer an, oder man solle die Verleihung sein lassen.

Frankreich in Syrien aktiv

Eines der Motive der Terroristen soll Frankreichs Beteiligung am Krieg gegen die radikalislamische Gruppierung "Islamischer Staat" gewesen sein. Nur einer der Attentäter hat die Anschläge überlebt. Der Belgier Salah Abdeslam steht in Frankreich vor Gericht und sitzt dort im Gefängnis. Einige der Männer, die für die Drahtzieher der Anschläge gehalten werden, befinden sich weiterhin in Syrien. Frankreich hofft, diese in Paris vor Gericht bringen zu können. (Flora Mory, 13.11.2018)

Im Nordosten von Paris kennzeichnen Gedenktafeln die Orte des Grauens.
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