Nach 100 Jahren dürfen wir uns trefflich darüber freuen, dass es die Republik Österreich noch gibt – hat ja nicht immer gut ausgesehen. Aber irgendwie scheint die derzeitige historische Schwarz-Weiß-Bilderflut den November heuer noch grauer zu machen. Die Hochnebeldecke über Ostösterreich mag sich inzwischen wieder gelichtet haben: Aber den grauen Schleier wird man gefühlsmäßig nicht so leicht wieder los. Laut Psychologen erwischt einen die winterliche Finsternis umso brutaler, wenn der Sommer besonders schön und lang gewesen ist.

Schluss damit, ab jetzt wird alles sehr hell und lustig. Seit dem 11. 11. um 11.11 Uhr können wir uns selbst und andere straflos als Narren und Närrinnen bezeichnen. Anders als mit Unvernunft kann man ja auch den Brauch nicht erklären, gebratene Gänse, die in der Regel entweder zu fett oder zu zäh sind, zu sich zu nehmen. Aber das muss der heilige Martin – nicht unser Chefredakteur, der andere – auf die Kappe nehmen.

Alsdann, auf in die klingelnde kreischende Vorweihnachtszeit. Wir können die jährliche Punschhütten-Wanderung mit Charity-Kampftrinken zugunsten der Anonymen Alkoholiker kaum erwarten. Im Advent präsentiert sich auch noch in den westlichen Ausläufern der eurasischen Steppe – also im flachen Osten – jeder freie Platz almverhüttelt. Aber was wie die Rache der Älpler an Wien aussieht, ist ein wertvolles Stück nationaler Identität. (Gudrun Harrer, 13.11.2018)