Am Dienstag sprach Angela Merkel vor dem Europa-Parlament in Straßburg.

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Straßburg – Es erfülle sie mit "großer Freude und Dankbarkeit, vor dem größten demokratischen Parlament der Welt zu sprechen", sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag in Straßburg. Wie schon vor mehr als elf Jahren – bei ihrem ersten Auftritt vor den EU-Abgeordneten – hielt sie ein flammendes Plädoyer für einen proeuropäischen Multilateralismus.

Unter anderem lobte Merkel die großen Errungenschaften Europas, die letzten Endes immer durch einen Willen zur Kompromissbereitschaft ermöglicht worden seien. Sie sprach von Toleranz und Solidarität und gab deren Vertiefung als Ziel für die nächsten Jahre aus – auch wenn "nicht alle Probleme in Europa ein Problem für Europa" seien. Zwar sei die Seele Europas in den vergangenen Jahren durch Terrorismus, Migration und Wirtschaftskrise "strapaziert" worden, doch gerade die aktuellen Gedenkveranstaltungen zum Weltkriegsende vor 100 Jahren würden einmal mehr beweisen, dass es sich lohne, sich für Europa abzumühen.

Merkel rief zur Überwindung von Nationalismen ebenso wie zur vehementen Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien auf. Fehler in der Flüchtlingspolitik gestand Merkel insofern ein, als dass sie zugab, das Thema zu spät als gesamteuropäisches Problem forciert zu haben. Gerade bei solch sensiblen Fragen müsse man künftig gemeinsame Maßstäbe definieren – und etwa ein europäisches Asylverfahren etablieren.

Die Buhrufe aus der ultrarechten Ecke waren am stärksten, als Merkel sich – wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron – zu einer europäischen Armee und zum Ende des Einstimmigkeitsprinzips in außenpolitischen Fragen bekannte. Man könne sich nicht länger vorbehaltlos auf alle Partner verlassen, sagte sie, ohne die USA beim Namen zu nennen.

Wo ist der Tierarzt?

Merkel nahm die Zwischenrufe gelassen, sie "komme auch aus dem Parlament" und sei das gewohnt. Parlamentspräsident Antoni Tajani hingegen wollte ob des Jaulens bereits den Tierarzt holen.

Angela Merkel nahm die Buhrufe aus der rechten Ecke gelassen hin. (Fabian Sommavilla aus Straßburg, 13.11.2018)