Wien – Im Vorfeld der ORF-Gremiensitzungen und in Erwartung der Regierungspläne für eine ORF-Reform schlagen die ORF-Redakteure Alarm. Sie sehen den ORF in Gefahr, da sie seine "absichtliche Zerstörung" durch die Politik befürchten. Das ist der Wortlaut einer Resolution des Redakteursausschusses, die am Mittwoch veröffentlicht wurde (Resolution im Wortlaut siehe unten).

Beklagt wird darin die kontinuierliche Reduktion der journalistischen Arbeitsplätze aus Spargründen sowie die Auslagerung von Informationsprogrammen. Damit werde "die journalistische Qualitätskontrolle erschwert oder unmöglich gemacht". Dem Vernehmen nach stehen auch im TV-Kulturbereich Auslagerungen im Raum, etwa für das Magazin "Lesart" und in weiterer Folge die gesamte "Kulturmontag"-Fläche.

Belangsendungen

Kritisiert werden von den Redakteuren "als Informationsprogramm getarnte Belangsendungen mit dem Titel 'Europa backstage'". Diese "bieten der heimischen Politprominenz eine Bühne zur Selbstdarstellung", heißt es. "Hier wird Geld investiert, das für ernsthafte redaktionelle Arbeit fehlt." Von der Regierung werde ein feindliches Klima gegenüber kritischem Journalismus aufgebaut, bis hin zu "offenen Drohungen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes, wenn etwa eine Moderatorin Interviewfragen stellt, die einer Regierungspartei nicht gefallen".

Was die ORF-Reform betrifft, warnten die Redakteure einmal mehr vor einer Finanzierung aus dem Bundesbudget, die "den ORF noch mehr vom Wohlwollen der Regierungsparteien abhängig machen" würde. "Am dänischen Rundfunk lässt sich derzeit studieren, wie schnell in so einem System die Mittel politisch bedingt gekürzt und Massenkündigungen von JournalistInnen die Folge sind", verweisen sie auf die aktuellen Vorgänge in Dänemark. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hatte erst unlängst in der "Tiroler Tageszeitung" "Sympathien" für das dänische Modell – mit einer Steuerfinanzierung aus dem Budget – bekundet.

Maßnahmenkatalog

Die Redakteure fordern einen Stiftungsrat, dem es "bei Entscheidungen in allererster Linie um die Interessen des Publikums, des Unternehmens und seiner Mitarbeiter" geht. Außerdem hat man einen Maßnahmenkatalog ausgearbeitet, in dem unter anderem die Schließung der Streaminglücke für Rundfunkgebühren gefordert wird, die Anpassung der Beschränkungen im Onlinebereich "an die Erfordernisse einer modernen Medienwelt" und mehr "Mitbestimmungsrechte der Redaktion bei journalistischen Führungskräften".

Seine Resolution veröffentlichte der Redakteursausschuss einen Tag bevor der Stiftungsrat zusammenkommt. Am Donnerstag findet zwar keine reguläre Plenarsitzung statt, aber eine Klausur zum Thema Digitales. In deren Vorfeld ergriff auch SPÖ-Stiftungsrat Heinz Lederer das Wort, im STANDARD warnte er vor einer "überfallsartigen" Reform wie in Dänemark.

Die regulären Gremientermine des ORF sind am 29. November, wenn der Publikumsrat tagt, und am 13. Dezember, wenn der Stiftungsrat unter anderem das Jahresendeschema 2019 absegnet. Das wird deswegen spannend, weil es die Weichenstellungen für ORF 1 und ORF 2 bringt. Die Unterlagen werden dieser Tage verschickt, ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz nannte den Stiftungsräten schon zuvor einige Details, berichteten am Mittwoch die "Salzburger Nachrichten": mehr Eigenproduktionen und eine "Aufwertung des Vorabends" für ORF 2 etwa, eine Samstagsausgabe von "Aktuell in Österreich" oder einen "Kulinarik-Ableger" von "9 Plätze, 9 Schätze". (red, APA, 14.11.2018)