Avigdor Lieberman bei einem Truppenbesuch auf den Golanhöhen.

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Jerusalem – Der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman hat aus Protest gegen eine Waffenruhe mit der radikalislamischen Hamas seinen Rücktritt erklärt. Die Waffenruhe sei eine "Kapitulation vor dem Terror", sagte der Vorsitzende der ultranationalen Partei Israel Beitenu am Mittwoch. Die Hamas feierte den Rücktritt als "politischen Sieg für Gaza".

Unklar war, ob Liebermans Rückzug vorzeitige Wahlen auslösen wird. Israel Beitenu verfügt im Parlament über fünf Mandate. Ohne sie hätte die rechtsreligiöse Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nur noch eine hauchdünne Mehrheit von 61 der 120 Sitze.

Lieberman rief die anderen Regierungsfraktionen auf, sich für rasche Neuwahlen starkzumachen. "Wir sollten uns so schnell wie möglich auf einen Wahltermin einigen." Regulär stehen die nächsten Wahlen erst in einem Jahr an. Ein Vertreter von Netanjahus Likud-Partei lehnte das jedoch ab. Es gebe "keine Verpflichtung zu Wahlen in dieser für die Sicherheit sensiblen Zeit", sagte er. Seinen Angaben zufolge übernimmt Netanjahu vorübergehend die Amtsgeschäfte des Verteidigungsministers. Seit 2015 hat er bereits auch das Amt des Außenministers inne.

Hotoveli zuversichtlich

Die stellvertretende Außenministerin Tzipi Hotoveli sagte: "Niemand ist traurig, dass er zurückgetreten ist. Die am weitesten rechts stehende Regierung kann auch ohne ihn funktionieren."

Lieberman kritisierte die Regierungslinie in der Palästinenserfrage als zu lasch. Über die Gaza-Waffenruhe sagte er: "Wir erkaufen uns Ruhe für eine kurze Zeit und schaden dabei der nationalen Sicherheit." Die Wähler müssten nun entscheiden, "was die richtige Linie ist".

Die Hamas feierte die Entscheidung. "Liebermans Rücktritt ist die Anerkennung der Niederlage, des Versagens und der Hilflosigkeit gegenüber dem palästinensischen Widerstand", sagte ein Sprecher. Man habe es geschafft, "ein politisches Erdbeben auszulösen".

Umstrittene Feuerpause

Zuvor hatte Netanjahu die am Dienstag unter Vermittlung Ägyptens geschlossene Feuerpause verteidigt. "Unsere Feinde haben um eine Waffenruhe gebettelt", sagte er am Mittwoch. Die Waffenruhe hatten die militanten Palästinenserorganisationen im Gazastreifen nach massivem gegenseitigem Beschuss am Dienstagabend einseitig verkündet. Laut israelischen Medienberichten wies die Regierung nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts die Armee an, sich ebenfalls an die Waffenruhe zu halten.

In den vergangenen Tagen war es im Gazastreifen zu den schwersten Zusammenstößen seit dem Gazakrieg von 2014 gekommen. Dabei wurden binnen 24 Stunden mindestens sieben Palästinenser getötet, mindestens fünf davon mutmaßliche Mitglieder militanter Gruppen. In Israel wurden durch die Raketen aus dem Gazastreifen 27 Menschen verletzt, drei davon schwer.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte am Dienstag ein Ende des Raketenbeschusses gegen Israel gefordert und sich der Sicherheit Israels verpflichtet erklärt: "Raketenangriffe gegen Israel und seine Zivilbevölkerung sind sicher nicht der Weg, um auch nur eines der Probleme Gazas zu lösen, und sie müssen umgehen aufhören", twitterte er. "Es ist von höchster Bedeutung, dass Zivilisten geschützt werden und die Gewalt umgehend gestoppt wird." Österreich sei "der Sicherheit Israels voll verpflichtet".

Lieberman war seit Mai 2016 Verteidigungsminister. Der frühere Außenminister hatte immer wieder mit umstrittenen Äußerungen antiarabische Ressentiments geschürt. (APA, dpa, 14.11.2018)