Frédérique Constant gelingt es, ein mechanisches Werk mit einem elektronischen Modul in einer klassischen Uhr zu vereinen.

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Hybride Smartwatches sind so angesagt, weil sie das Aussehen einer analogen Uhr mit smarten Funktionen verbinden.

Foto: Frédérique Constant

Skagen Connected Hybrid Smartwatch: Citizen und die Fossil Group – zu der Skagen gehört – gingen eine Kooperation ein, um den Hybriduhren-Markt gemeinsam aufzumischen.

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Von außen würde man dem Zeitmesser von Frédérique Constant in keiner Weise anmerken, was in ihm steckt. Er sieht aus wie eine klassische, elegante Edelstahlarmbanduhr aus Schweizer Produktion: drei Zeiger, Zeigerdatum, große Krone ... so weit, so unaufregend. Würde da nicht in großen Lettern das Wörtchen "Hybrid" auf dem guillochierten Zifferblatt stehen.

Da stutzt der Uhrenaficionado und fragt sich: Was soll das bedeuten? Ein neuer Marketingschmäh? Möglicherweise. Mit Sicherheit aber handelt es sich um das neueste, heiße Eisen in der Branche: Denn spätestens seit die Apple Watch Schätzungen zufolge mehr Umsatz erzielt als alle Rolex-Modelle zusammen, drängen Uhrenbauer in ein für sie noch vor wenigen Jahren unbekanntes bzw. belächeltes Segment – das der intelligenten Armbanduhren, die aber nicht wie Smartwatches, sondern wie klassische Zeitmesser aussehen – Hybriduhren. Ideal für jene, die das Design der Smartwatches von Apple, Garmin oder Samsung als zu steril empfinden, aber Wert auf Schrittzähler und Schlaftracking legen.

Gut gemischt

Deshalb könnte das, was Frédérique Constant geglückt ist, richtungsweisend sein. Den Genfern gelang mit der "Hybrid Manufacture" ein Spagat. Denn sie ist im besten Sinne des Wortes hybrid. So tickt in ihr zum einen ein mechanisches Manufakturwerk mit Automatikaufzug und zum anderen ein "in-house" entwickeltes, elektronisches Modul. Es ist ausgestattet mit Akku, Bluetooth, Beschleunigungsmesser etc., also für die "smarten" Funktionen der Uhr zuständig. Werk und Modul zusammen ergeben das Kaliber FC-750.

Man kann die Uhr mit dem Smartphone verbinden und seinen Schlaf tracken oder seine Schritte zählen lassen, App inklusive. Und als besonderes Zuckerl hat das Kaliber ein Analysetool miteingebaut, das auch dessen mechanische Hälfte im Auge behält und Gang, Schwingungsweite und Abfallfehler des Automatikwerks dokumentiert. Das heißt, der Besitzer der "Hybrid" weiß immer, ob sein Schmuckstück Schluckauf hat und eventuell zum Uhrmacher gebracht werden muss.

Zuwächse

Das Marktpotenzial für Hybriduhren scheint enorm. So geht etwa das englische Marktforschungsinstitut Juniper Research in einer Studie davon aus, dass in einem wachsenden Smartwatch-Markt Hybriduhren bis 2022 einen Anteil von mehr als 50 Prozent haben werden: Bis dahin sollen fast 80 Millionen hybride Smartwatches ausgeliefert werden. Das bedeutet einen Zuwachs von 460 Prozent gegenüber geschätzten 14 Millionen Stück 2017.

"Hybride Smartwatches sind so angesagt, weil sie das Aussehen einer analogen Uhr mit smarten Funktionen verbinden", unterstreicht Antonio Nigro von der Fossil Group. Als führender Hersteller von hybriden Smartwatches hat die Fossil Group das Wachstum analysiert und folgende Erkenntnis gewonnen: Die Verschmelzung von Technik und Mode macht das Rennen. Das ist schön für die Texaner, bauen sie doch als Lizenznehmer Uhren für Modelabels wie Michael Kors, Diesel oder Armani, haben aber mit Skagen auch eigene Uhren im Angebot.

Territorium gutmachen

Die Einschätzung wird auch von einem IDC Bericht bestätigt, der das Wachstum darauf zurückführt, dass immer mehr Modemarken diese Kategorien anbieten – nicht zuletzt zu einem attraktiven Preis. Fazit der Marktforscher: Hybride Smartwatches verbinden die Grundfunktionen, die der Kunde will – Aktivitätstracking, Smartphone-Benachrichtigungen etc. -, mit der Mode, auf die er steht.

Das lässt auch die Japaner aufhorchen, die einst die Schweizer mit der Massenproduktion günstiger Quarzuhren in die Krise stürzten. Nun scheint es aber so, dass Nippon den Hybriduhren-Trend verschlafen hat. Es gilt, Territorium gutzumachen. In dieses Bild passt, dass Fossil und Citizen seit Anfang Oktober 2018 kooperieren.

Zugang zur Technologie

Die Texaner holen sich so einen Partner ins Boot, der einen breiten Zugang zur Uhrenindustrie hat. Immerhin ist Citizen der größte Uhren- und Werkehersteller der Welt: Der Konzern produziert solarbetriebene, funkgesteuerte und mechanische Uhren, aber auch Werke unter dem Namen Miyota. Unter seinem Dach finden sich der Schweizer Werkehersteller La Joux-Perret, die Manufaktur Arnold & Son und die Marke Bulova.

Umgekehrt erhält der Uhrenriese Zugang zur Smartwatch-Technologie der Fossil Group, die bereits über ein Portfolio an Hybriduhren verfügt. Vereinbart wurde, dass Citizen Smartwatch-Werke herstellen und verkaufen wird, aber auch komplette Uhren. Das Thema soll in Zukunft forciert werden. Und um das Bild abzurunden: Seit 2016 gehört auch Frédérique Constant zu Citizen. (Markus Böhm, RONDO exklusiv, 9.1.2019)

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