Wien – In den frühen Morgenstunden des 15. August wollte Zlatko L. zarte Banden zum anderen Geschlecht knüpfen, behauptet der 18-Jährige. Vor dem Praterdome, einer Wiener Großdisco. "Ich habe irgendeinen Anmachspruch gemacht", verrät er Richterin Daniela Zwangsleitner. Was genau er zu einer Gruppe Passantinnen gesagt hat, weiß er nicht mehr – "ich habe viel getrunken".

Sicher ist er sich aber in einem Punkt: "Wir haben uns ganz normal unterhalten, dann ist der Papa von der einen auf mich losgegangen." Der 49-jährige H. sei "schreiend mit erhobenen Fäusten auf mich losgelaufen. Ich bin ausgewichen, und dann habe ich ihm eine gegeben", bekennt sich der Angeklagte der schweren Körperverletzung teilweise schuldig. Für H. endete die Sache mit einer Platzwunde, Prellungen und lockeren Zähnen, für H.s Sohn mit einem ausgeschlagenen Stiftzahn.

Insgesamt sieht sich L. aber als Opfer – auch von Zwangsleitner. Mehrmals wirft er der Richterin vor, ihn unhöflich zu behandeln, gleichzeitig quittiert er Zeugenaussagen mit höhnischem Grinsen und lümmelt auf der Anklagebank, da er "von den ganzen Lügen müde werde", wie er begründet. Warum H. ihn zur Rede stellen wollte, kann sich der Unbescholtene nicht erklären. "Vielleicht sind sie ausländerfeindlich", vermutet der Serbe, der früher Boxtraining absolvierte.

Junge Passantinnen angesprochen

Glaubt man den Aussagen von Familie H. und den von L. damals angesprochenen jungen Frauen, könnte es eine andere Erklärung geben. Denn L. soll den ebenfalls aus der Disco Richtung Taxi vorbeikommenden Frauen gegenüber lautstark konstatiert haben, dass sie "hässlich" seien und daher "keinen abbekommen" hätten und "in den Oasch pudert gehören". Eine der Zeuginnen erinnert sich, dass der Teenager gesagt habe: "Schau ned so gschissen, weil keiner über dich drüberrutschen will." Eine derartige Wortwahl weist der Angeklagte weit von sich. "Ich glaube nicht, dass ich so mit Damen rede, ich bin ein Gentleman", erklärt er im Brustton der Überzeugung.

Die Belastungszeugen bleiben aber bei ihren Aussagen: Es sei zu einem Wortgefecht wegen der verbalen Belästigung gekommen, Frau H. ist die Einzige, die auch wechselseitige Schubsereien zwischen ihrem Gatten und dem Angeklagten beschreibt. Dann sei die Auseinandersetzung aber eigentlich vorbei gewesen. Die größere Gruppe ging weiter, L. sei dann nachgelaufen und habe zuerst Herrn H. einen Faustschlag ins Gesicht versetzt und anschließend dessen Sohn attackiert.

Bruder als Entlastungszeuge

L. bietet als Entlastungszeugen seinen Bruder sowie einen Bekannten. Beide wollen nicht gehört haben, was der Angeklagte zu den jungen Frauen gesagt hat. Der Bruder hatte bei der Polizei überhaupt noch angegeben, erst auf die Situation aufmerksam geworden zu sein, als der ältere H. bereits am Boden lag. Vor Gericht sagt er nun, der Verletzte sei aggressiv geworden und habe versucht, L. zu schlagen.

Die Rückendeckung für seinen Bruder leidet etwas unter seinem weiteren Verhalten im Saal. Denn so wie schon zuvor sein Vater und danach seine Mutter äußert er als Zuhörer seinen Unmut über belastende Zeugenaussagen lautstark und vehement. Die Folge: Alle drei Familienmitglieder werden von der Richterin ermahnt und verlassen die Verhandlung.

Die schlussendlich auf unbestimmte Zeit vertagt wird: Zwangsleitner will ein medizinisches Gutachten über die Schwere der Verletzungen und die einschreitenden Polizisten als Zeugen hören. (Michael Möseneder, 15.11.2018)