Linz – Fehlende Bürgernähe kann man dem Linzer Landestheater nicht unterstellen. So können sich die Bewohner der Stahlstadt neuerdings etwa Schauspieler für private Lesungen zu sich ins Wohnzimmer einladen. Einzig für Bewirtung muss gesorgt sein, sonst ist alles gratis. Wobei "gratis" bei öffentlich finanzierten Kulturbetrieben immer relativ zu betrachten ist:

14 Millionen Euro Förderung erhält das Landestheater jährlich von der Stadt Linz. Im Gegenzug überweist das Land Oberösterreich sieben Millionen an die städtische Veranstaltungsgesellschaft LIVA, die unter anderen das Brucknerhaus, den Posthof, die Tips-Arena oder das Stadion verantwortet. Der föderale Abtausch zwischen Stadt und Land fußt auf einem Vertrag, der 1977 geschlossen und seither immer wieder adaptiert wurde.

Die Stadt Linz will diesen nun einseitig aufkündigen, was in der oberösterreichischen Kulturszene für Verunsicherung sorgt. Im Raum steht der Vorwurf, Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) würde vor der FPÖ, die im Linzer Proporzsystem mitregiert, einknicken. Der freiheitliche Vizebürgermeister Detlef Wimmer beschwerte sich zuletzt darüber, dass "jeder Theaterbesuch rechnerisch mit bis zu rund einhundert Euro subventioniert" werden müsse.

"Entflechtung" der Stadtfinanzen

Luger will diesen Vorwurf im Gespräch mit dem STANDARD nicht auf sich sitzen lassen: Mit der FPÖ habe die Sache "überhaupt nichts zu tun", denn er, Luger, habe schon vor Jahren mit dem früheren VP-Landeshauptmann Josef Pühringer über ein mögliches Ende oder eine Abänderung des bestehenden Theatervertrags verhandelt. Die Sache sei also "nichts neues" und auch der jetzige Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) wisse "seit einem halben Jahr davon".

Klar ist für Luger, "dass das Landestheater weiterhin finanziert werden muss". Es gehe keineswegs darum, eine Kultureinrichtung zu beschneiden. Luger sieht die Sache "eingebettet in eine größere Diskussion über eine Entflechtung der Finanzen zwischen Stadt und Land". Die Verträge aus den 1970er-Jahren seien nicht mehr zeitgemäß. "Damals war dieses ‚wir zahlen bei euch mit und ihr bei uns‘ eine Methode, um Streit zu schlichten, aus heutiger Sicht ist das sinnlos ", so Luger.

Der Theatervertrag wird voraussichtlich mit einem Gemeinderatsbeschluss am 6._Dezember aufgekündigt. Wirksam würde das aufgrund einer einjährigen Kündigungsfrist aber erst 2020. Vorgesehen ist jedenfalls, dass Luger und Stelzer eine Nachfolgeregelung treffen: Der Bürgermeister kann sich vorstellen, dass die Stadt alleiniger Subventionsgeber des Brucknerhauses wird. "Im Gegenzug wird das Land hoffentlich die Finanzierung des Landes- und Musiktheaters übernehmen".

Landeshauptmann Stelzer lässt ausrichten, seine Hand bleibe "für eine neue Form der Zusammenarbeit ausgestreckt". Es sei für ihn aber "schwer vorstellbar, dass eine weltoffene Stadt wie Linz sich aus den großen Kulturbetrieben, die der Stadt viel bringen, komplett zurückzieht".

Intendanten gegen "Planspiele"

Der Bürgermeister wiederum sieht eine Schieflage und verweist darauf, dass das Land sein Kulturbudget 2018 um zehn Prozent gekürzt hat, während das städtische Budget unverändert blieb. Letzteres liegt derzeit bei 40 Millionen Euro, jenes des Landes, das 2019 wieder um drei Prozent angehoben werden kann, bei 193 Millionen. Dass sich Stadt und Land die Finanzierung der Landestheater teilen, ist auch andernorts seit jeher üblich: Beim Salzburger Landestheater etwa wird die Summe von 14 Millionen Euro halbe-halbe geteilt.

Die Intendanten aller Landestheater haben sich zur Causa am Mittwoch in einer gemeinsamen Aussendung zu Wort gemeldet: Man appelliere an die politisch Verantwortlichen, "keine Abgrenzungskonflikte und Planspiele zu Lasten des Landestheaters zu veranstalten" und sich zur ausreichenden Finanzierung dieses "kulturellen Leuchtturms" zu bekennen. (Stefan Weiss, 14.11.2018)