Kylie Minogue bei einem Auftritt anlässlich des Geburtstages von Queen Elizabeth II.

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Kylie Minogues Erfolg logisch zu erklären, ist möglich aber langweilig. Wie wäre es daher mit dem Gedanken, dass die Disco-Queen in ihrer Kindheit einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat. Er bot ihr ein Leben als erfolgreicher Star und ewige Jugend im Austausch für ein schreckliches "Country-Album" inklusive Auftrittspflicht an gott- und soundverlassenen Orten wie dem Gasometer. Beide hielten sich an den Deal.

Die hochsympathische, aber nicht überaus talentierte Sängerin ist seit Jahrzehnten gut im Geschäft. Der Teufel quält einstweilen arme Seelen mit ihrem kürzlich erschienenen Machwerk "Golden". Kommt die Australierin nach Wien, schauen sich das trotzdem zwei- bis dreitausend Fans an. Das ist zwar nichts im Vergleich zu dem, was die gebürtige Australierin früher an Arenen zu füllen vermochte, dürfte sich aber trotzdem lohnen. Die Show kann nicht besonders viel gekostet haben.

Album "Golden" – Official Audio
Kylie Minogue

Mäßig coole Daddys und drapierte Cowboys

Zwei DJs bestreiten das Vorprogramm mit Daddy Cool und dergleichen. Die sind dabei so motiviert wie alleinerziehende Väter auf Schlafentzug. Dann betritt eine Band die Bühne, das Licht geht aus, und Kylie erscheint. Schnell drapieren sich Tänzer im regenbogenparadewürdigen Cowboy-Outfit an ihre Seite.

Die Videoleinwand im Hintergrund zeigt Barszenen, die wohl nicht freiwillig an die Tristesse eines Edward-Hopper-Bildes erinnern. Es erschallen Shakira-Gedächtnis-Schreie, Zeit also für den Titeltrack des neuen Albums Golden. Bereits nach vier Nummern legt Kylie eine kleine Pause ein, um charmant und ein kleines bisschen schelmisch mit ihren Ultras zu kommunizieren – das kann sie äußerst gut und genau für diese, ja Goldigkeit, wird sie geliebt.

Charakterloses Rollenspiel

Dann geht es auch schon weiter mit einer Show, die nicht so leicht von einem Karaoke-Ausflug nach einer Firmenweihnachtsfeier zu unterscheiden ist. Nur singt hier ausschließlich Kylie Minogue Lieder von Kylie Minogue – und das nicht besonders gut. Eine nachvollziehbare Dramaturgie fehlt dem Abend völlig, Stimmung kommt deswegen selten auf. Zwar schlüpft Kylie immer wieder in neue Gewänder, wie sie auch im Laufe ihrer Karriere immer wieder in unterschiedliche Rollen schlüpfte, doch ergeben mehrere Charaktere eben noch keinen Charakter.

Volksnahe Rose

Positives gibt es trotzdem zu berichten. Where the Wild Roses Grow wird zur Freude einiger sich auffällig mit Nick Cave identifizierender Herren im Publikum zumindest angestimmt, Kids funktioniert dank einer der hervorragenden Back-Up-Sängerinnen als Robbie-Williams-Ersatz richtig gut und das große Disco-Finale, das The Loco-Motion und Spinning Around enthält, macht einfach richtig Spaß. Auch Wunsch-Zugaben lässt sich die volksnahe Kylie abringen – In my Arms fordert ein glücklicher Gast.

Die Akkorde des Refrains sind der Söldner-Band, die wohl nicht mit einem derartigen Deep Cut gerechnet hat, unvertraut, deswegen hilft das Publikum singend mit. Kylie nimmt es mit Humor. Der zweite Publikumswunsch 2 Hearts funktioniert deutlich besser. Geschlossen wird mit Dancing vom aktuellen Album. Your Disco Needs You bleibt uns die 50-Jährige leider schuldig, wo doch das der größte Auftrag an sie wäre: Country vergessen und wieder unter die Discokugel zurückfinden. Genau dort wird sie nämlich gebraucht. (Amira Ben Saoud, 15.11.2018)