In Bangladesch demonstrieren Rohingya gegen das Abkommen zwischen Bangladesch und Myanmar.

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Die ersten Busse mussten wieder leer abfahren, wie Medien berichten. Eigentlich hätten sie einen Teil der verfolgten Rohingya-Minderheit mitnehmen sollen, die in den vergangenen Monaten aus Myanmar nach Bangladesch geflohen war. Doch keiner der Flüchtlinge ist eingestiegen. Das Abkommen, das im Oktober zwischen Bangladesch und Myanmar abgeschlossen worden war, beruht nämlich auf Freiwilligkeit. Aber noch immer fürchten die Rohingya Gewalt und Verfolgung in Myanmar. Mittlerweile leben mehr als 700.000 von ihnen in dem weltweit größten Flüchtlingslager in Bangladesch, in Cox’s Bazar.

"Wir glauben nicht, dass sich die Rohingya in Myanmar in Sicherheit befinden würden", kritisiert Firas El Kathib das Abkommen im Gespräch mit dem STANDARD. Er ist für das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR vor Ort. Vor zwei Tagen wurde die Organisation damit beauftragt, die Menschen in den Lagern zu befragen, ob sie freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren würden. "Der Prozess ist aber noch nicht abgeschlossen", sagt El Kathib. Über den Inhalt der bisher geführten Interviews mit Betroffenen kann er noch keine Aussagen machen. Er verweist auf den Schutz der Flüchtlinge. Bangladeschs Flüchtlingskommissar Mohammad Abul Kalam sagte aber zur Nachrichtenagentur AFP, dass bis dato Gespräche mit 50 Familien geführt worden wären. Keine von ihnen habe unter den gegenwärtig herrschenden Umständen nach Myanmar zurückkehren wollen. "Wir können sie nicht gegen ihren Willen zurückschicken", sagte Kalam.

Angst vor Morden

Ein 40-jähriger Rohingya sagte zur BBC, dass er Angst habe, ermordet zu werden, sollte er zurückkehren. Nur wenn die Angehörigen der Minderheit die Staatsbürgerschaft erhalten würden, würde er eine Rückkehr in Betracht ziehen, sagte der Mann.

Die Angehörigen der muslimischen Minderheit werden im buddhistisch dominierten Myanmar als illegale Einwanderer gesehen. Ihnen werden die Staatsbürgerschaft und weitere Grundrechte verwehrt. Im Vorjahr hatte das Militär eine Operation gegen die Rohingya gestartet, wobei Menschen ermordet, vergewaltigt und ihr Land zerstört wurde. In einem Bericht forderten die Vereinten Nationen die Armeeführung des Landes auf, einen möglichen Genozid an der Volksgruppe zu untersuchen. Vor Kurzem war eine interne Untersuchungskommission des Militärs zu dem Schluss gekommen, dass sich die Soldaten nicht falsch verhalten hätten, und wies die internationalen Vorwürfe zurück.

Psychologische Hilfe vor Ort

Die Leiterin des Einsatzes von Ärzte ohne Grenzen (MSF) vor Ort, Magali Roudaut, erzählt dem STANDARD allerdings von einem hohen Level an Gewalt, das die Flüchtlinge ertragen mussten. Die Hilfsorganisation betreibt in den Lagern in Bangladesch mehrere medizinische Einrichtungen. In den vergangenen Tagen beobachteten die MSF-Mitarbeiter einen erhöhten Bedarf an psychologischer Betreuung der Rohingya.

Durch die Ankündigung der Rückführungen und die wenige Information, die im Zusammenhang damit weitergegeben worden war, seien die Leute stark verunsichert und hätten große Angst, sagt Roudaut. Medienberichte, wonach sich Menschen in den Camps verstecken oder aus den Lagern fliehen, um den Rückführungen zu entgehen, kann Roudaut selbst nicht bestätigen: "Es würde mich aber nicht wundern, wenn sie wahr wären – bei dem Level an Angst, das gerade herrscht." (Bianca Blei, 16.11.2018)