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Die Scheidung zwischen der EU und Großbritannien bringt die britische Premierministerin Theresa May ordentlich in Bedrängnis.

Foto: AP/Francisco Seco

Wird Theresa May von der eigenen Partei gestürzt? Seit Monaten geistern solche Gerüchte durch das Londoner Parlaments. Der Vertragsentwurf mit der EU hat die Kritiker der Premierministerin bestärkt.

Als Vorsitzende der konservativen Regierungspartei und damit automatisch auch ihrer Fraktion im Unterhaus braucht sich May keiner routinemäßigen Wiederwahl zu stellen. Diese erfolgt dem Statut zufolge nur dann, wenn mindestens 15 Prozent der 315 Fraktionsmitglieder, also 48 Abgeordnete, ihrer Chefin schriftlich das Misstrauen aussprechen. Sie tun dies in Briefen an Graham Brady, einen Abgeordneten aus der Umgebung von Manchester.

Das 1922-Komitee

Der 51-Jährige amtiert als Leiter des sogenannten 1922-Komitees, das seit 1923 als Interessenvertretung konservativer Hinterbänkler dient. Und nur er allein weiß, wie viele Konservative ihre Chefin loshaben wollen. Hat der Chef des 1922-Komitees die 48 Briefe beisammen, geht alles den Regeln entsprechend sehr schnell: Dann wird die geheime Abstimmung "so schnell wie möglich" anberaumt, heißt es in den Regularien der Konservativen Partei.

Beim vorläufig letzten Mal dauerte es 2003 nur einen einzigen Tag von der Ankündigung bis zum Votum. Um die Amtsinhaberin aus ihrer Position zu entfernen, muss sich nominell die Hälfte der Fraktion (157 Abgeordnete) gegen sie aussprechen. So steht es auf dem Papier, in der Realpolitik sieht es aber anders aus. Politisch könnte May es wohl kaum überleben, wenn ihr mehr als 100 Abgeordnete aus den eigenen Reihen das Vertrauen entziehen.

Nach einem Rücktritt Mays wäre dann der Weg frei für andere Bewerber. Nach einem Ausscheidungsverfahren in der Fraktion müssten sich die zwei Verbliebenen dem Votum des auf rund 125.000 Menschen zusammengeschrumpften Parteivolks stellen. Dieser Vorgang ist kaum in weniger als zwei Monaten zu schaffen. (Sebastian Borger aus London, 15.11.2018)