Beim Bausystem soll Einblasstroh zur Anwendung kommen – also gehäckseltes Stroh, das zur Dämmung verwendet wird.

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Bisher gibt es das Haus im 19. Bezirk nur als Visualisierung.

Visualisierung: Capital A Architects

Peter Schuberts Pläne waren schon konkret: Der Wiener Architekt (Capital A Architects) wollte auf dem Areal des Nordwestbahnhofs, das in den kommenden Jahren bebaut wird, mit einer Baugruppe das erste sechsstöckige Strohballenhaus des Landes errichten. Der Plan: 13 Wohnungen in Strohbauweise mit Lehmbauplatten und einer Statik in Holzbau.

Nun haben sich die Pläne geändert, berichtet der Architekt im Gespräch mit dem Δtandard: Er will ein fünfgeschoßiges Haus, das "StroHaus", im 19. Bezirk bauen. Die Grundstückssuche läuft.

Auch hier will Schubert mit einer Baugruppe zusammenarbeiten, die Wohnungen entstehen im Wohnungseigentum. "Die Idee ist, dass man Menschen poolt, die statt mehrerer Einfamilienhäuser ein Haus gemeinsam bauen", sagt Schubert.

Vorfabrizierbares Bausystem

Im Vergleich zum Ursprungsprojekt am Nordwestbahnhof wurde die Bauweise weiterentwickelt. Statt Strohballen soll ein von Schubert entwickeltes vorfabrizierbares Bausystem aus Einblasstroh, leim- und metallfreiem Massivholz und Lehm zur Anwendung kommen, das demnächst einem Brandtest unterzogen wird. Bei diesem Bausystem wird gehäckseltes Weizenstroh als Einblasdämmung verwendet.

Zehn Tonnen Stroh werden pro Wohneinheit gebraucht, erklärt Leopold Kasseckert, der die Technik entwickelt hat. Im Gegensatz zur Bauweise mit Strohballen sei diese Methode regensicher. Weil das Dämmmaterial so schwer ist, sei der Schallschutz besonders gut. Zudem halte der Dämmstoff die Wohnungen im Sommer kühl, im Winter warm.

Wer mit Stroh arbeitet, kennt die Vorurteile, die viele gegen den Baustoff haben. Etwa, was die Brandgefahr angeht. Dabei würden Brandversuche zeigen, dass der hohe Mineral- und Silikatgehalt den Branddurchgang erschwert, heißt es bei Kasseckerts Unternehmen Iso-Stroh.

Auch die Sorge, dass sich Schädlinge einnisten, hören die Experten öfter. "Viele verwechseln Heu und Stroh", sagt Schubert. Stroh habe nämlich keine Nährwerte, weshalb es auch nicht als Nahrung dient. "Die einzige Angst, die wir haben, sind Pferde", sagt Kasseckert und schmunzelt.

Auch Angst vor Schimmel sei nicht angebracht. Wenn es schimmelt, dann sei das ein Problem des Bauteils. "Wenn ein Bauteil undicht ist, dann habe ich bei jedem Material ein Problem", sagt Kasseckert, der auch ins Ausland liefert.

Drei Wohnungen, ein Büro

Nun soll bewiesen werden, dass das System im mehrgeschoßigen Wohnbau funktioniert. In Schuberts Projekt im 19. Bezirk sind drei Wohnungen und ein 70 m² großes Büro geplant, das der Architekt selbst nutzen will. Pro Stockwerk wird eine Wohnung mit je 75 Quadratmetern entstehen. Die Wohnung im Dachgeschoß wird sich über zwei Stockwerke erstrecken, 135 Quadratmeter groß sein und über eine Dachterrasse verfügen.

Für das Projekt am Nordwestbahnhof hatte sich bereits eine Interessentengruppe gegründet. Im 19. Bezirk begann die Suche erneut. Schubert rechnet vorrangig mit Käufern, die die ökologische Bauweise schätzen. Auch Menschen, die Probleme mit Bronchien und Atemwegen haben, würden sich für die Strohbauweise interessieren.

Baugruppe und Grundstück sollen jetzt möglichst schnell gefunden werden, damit die Kosten abgesteckt werden können. Die Wohnungspreise werden zwischen 5300 und 5500 Euro pro Quadratmeter liegen. Bauweise und Materialien seien teurer, räumt Schubert ein.

Die Bauzeit reduziere sich aufgrund des hohen Vorfertigungsgrades aber erheblich.Im Idealfall soll es im Frühjahr losgehen. "Innerhalb von drei bis vier Wochen könnte der Rohbau stehen", die Fertigstellung, "wenn es flott geht", Ende 2019 oder Anfang 2020 sein.

Schuberts Ziel: Sein Projekt soll CO2-neutral oder sogar CO2-negativ sein. Die Baustoffe sollen es möglich machen. (Franziska Zoidl, 19.11.2018)