Die sogenannte "Sharing Economy" eröffnet so manchem Menschen interessante neue Einnahmequellen. Wer etwa länger auf Reisen geht, kann seine Wohnung derweil über Dienste wie Airbnb vermieten. Doch die Nutzung solcher Services geht längst über die Prämisse, nur von "gemeinsamer" Verwendung zu profitieren hinaus. Längst ist es für viele zu einem kompletten Geschäftsmodell geworden.

Eine Entwicklung, die es offenkundig auch beim Dienst Turo gibt. Dieser ist eine Art "Airbnb für Autos". Wer sein eigenes Vehikel gerade nicht braucht, kann es anderen gegen tägliche Gebühr zur Verfügung stellen. Das wird nun auch genutzt, um Autovermietern Konkurrenz zu machen. Der in Chicago wohnhafte Michael Oates bekommt deswegen jetzt Ärger mit der Stadtverwaltung, berichten Jalopnik und das Block Club Chicago-Blog.

Zahlreiche Beschwerden von Anrainern

Bei dem Konflikt geht es allerdings gar nicht primär darum, dass Oates privat Autos vermietet, sondern um das Ausmaß und die alltäglichen Konsequenzen dieser Tätigkeit. Er ist Turo 2015 beigetreten. Seitdem ist seine Autoflotte immer größer geworden. Beachtliche 38 Fahrzeuge bietet er mittlerweile an. Sehr zum Verdruss seiner Nachbarn, da er damit regelmäßig sein Wohnviertel zugeparkt hat.

Er würde ständig Beschwerden von wütenden Anwohnern darüber erhalten, dass sie am Abend keine freien Parkplätze mehr finden würden, weil die Mietautos von Oates diese belegten, berichtet der für die Gegend zuständige Stadtrat James Cappleman. Dieser hat das Feedback an die städtische Abteilung für Wirtschaftsangelegenheiten und Konsumentenschutz (BACP) weiter geleitet.

Die Autos von Oates stehen weiter zur Vermietung.
Screenshot: Turo

Stadtverwaltung schickt Unterlassungserklärung

Dort hat man sich der Ansicht angeschlossen, dass Oates Verhalten die Grenzen des Tolerierbaren überschreitet. 38 eigene Autos auf öffentlichen Parkplätzen zu unterbringen ist zwar legal, mit einer Flotte dieser Größe sei seine Tätigkeit aber als kommerzielle Autovermietung einzustufen. Und für den Betrieb einer solchen benötigt man in Chicago eine Zulassung, die Oates anscheinend nicht hat.

Das BACP hat dem geschäftstüchtigen Turo-User mittlerweile eine Unterlassungserklärung zugeschickt, mit der er sich verpflichten soll, den Betrieb einer Autovermietung aus einem Wohnviertel heraus einzustellen. Die Polizei wurde angewiesen, etwaige Mitarbeiter von Oates zu verhaften, wenn sie dem Geschäft weiter nachgehen. Ob Oates die Erklärung unterschrieben hat, ist nicht bekannt, dürfte aber unwahrscheinlich sein.

Grauzone

Die Angelegenheit ist wohl noch nicht vorbei. Denn die Rechtsabteilung der Stadtverwaltung sieht das Problem in einer rechtlichen Grauzone. Der Bundesstaat Illinois müsse zuerst eine Regulierung für Carsharing-Anbieter beschließen, ehe man gegen Oates selbst tätig werden könne.

Ein erster Gesetzesvorschlag passierte zwar Kongress und Senat, scheiterte aber letztlich am Veto des republikanischen Governeurs Bruce Rauner, der die Einstufung jedes Nutzers von Turo als kommerziellen Autovermieter als zu streng beurteilte.

Die Autos sorgten für Unmut in Uptown Chicago.

Oates bietet seine Autos weiterhin online zur Vermietung an. Die Parkplatz-Situation hat sich allerdings entschärft. Laut Turo hat Oates seine Autos kurz nach Erhalt des Schreibens der Stadtverwaltung auf private Parkplätze verlegt, wenngleich vereinzelt immer noch Fahrzeuge auf öffentlichen Stellplätzen gesichtet werden.

Der Turo-Nutzer sieht sich allerdings zu Unrecht verfolgt. Er verweist darauf, dass es in der Umgebung enorm viele Parkplätze gibt und sehr oft andere Leute ohne entsprechendem "Parkpickerl" ihre Autos dort abstellen würden.

Ausnahmefall

Ungeklärt bleibt derweil, wo die Grenze zwischen privater Autovermietung und kommerziellem Betrieb liegt. Eine Frage, auf die man auch bei Turo noch keine Antwort hat, weil man dies bisher noch nicht als Problem wahrgenommen habe. 97 Prozent der Nutzer hätten nicht mehr als drei Autos gelistet. Fälle wie Oates seien "Ausreißer". Denn ab einem gewissen Punkt sei es kostengünstiger eine eigene Autovermietung aufzusperren, als Turo zu verwenden, so das Unternehmen. (gpi, 16.11.2018)