Annemarie Käsbohrer leitet das Institut für Öffentliches Veterinärwesen an der Veterinärmedizinischen Universität Wien.

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Es gibt kaum Antibiotikarückstände in Fleisch. Für die Kontrolle sind die Gesundheitsbehörden in der EU auf Basis des Nationalen Rückstandskontrollplans zuständig.

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Der Gedanke liegt irgendwie auf der Hand. Wenn es um Antibiotika und deren schwindende Wirksamkeit geht, dann taucht schnell eine Frage auf: Welche Rolle spielt die Landwirtschaft dabei? Von den 71 Tonnen Antibiotika, die pro Jahr in Österreich verbraucht werden, kommen 44,4 Prozent in der Tierzucht zum Einsatz. Da stellt sich die nächste Frage: Enthält das Fleisch aus Massentierhaltung Antibiotika, die Konsumenten dann zu sich nehmen? Die Antwort ist: Nein.

"Der Einsatz von Antibiotika bei Tieren für die Fleischgewinnung ist dahingehend sehr klar geregelt, dass ein ausreichend langer Zeitraum zwischen der Anwendung und der Schlachtung eingehalten werden muss, sodass keine Rückstände über dem festgelegten Grenzwert vorhanden sind," sagt Annemarie Käsbohrer, Leiterin des Instituts für Öffentliches Veterinärwesen an der Veterinärmedizinischen Universität Wien.

Streng kontrolliert

Die Einhaltung der Vorschriften wird den Vorgaben des Nationalen Rückstandskontrollplans entsprechend auch überwacht. Eine Nichteinhaltung hätte erhebliche Konsequenzen für den Landwirt. Gemäß einem Bericht der Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) zeigen die Ergebnisse aus der Überwachung für 2017, dass bei einer von 3.541 Proben ein Rückstand von einem Stoff mit antibakterieller Wirkung gefunden wurde. Bei der positiven Probe handelte es sich um eine Milchprobe vom Schaf.

Diese Regelungen gelten in der ganzen EU. Die Überwachung findet in jedem Land statt. Jährlich werden auch die Ergebnisse des Rückstandskontrollplans zusammengefasst und veröffentlicht. Der Bericht von 2016 zeigt, dass auf EU-Ebene bei insgesamt 0,17 Prozent von 10.6121 Proben ein Rückstand von Stoffen mit antibakterieller Wirkung gefunden wurde. Dieser Wert ist niedriger als in den Vorjahren. Betrachtet man gezielt die Tierarten Rind, Schwein und Geflügel, so lagen die Werte jeweils zwischen 0,15 und 0,18 Prozent.

Bio und auch Gemüse betroffen

Wer denkt, dass Biofleisch eine hundertprozentig antibiotikafreie Variante ist, irrt. "Auch in der biologischen Haltung von Nutztieren ist der Einsatz von Antibiotika zulässig. Da kranke Tiere behandelt werden müssen, und im Falle von bakteriellen Infektionskrankheiten eben mit Antibiotika, kann per se nicht ausgeschlossen werden, dass sich solche Rückstände – bei Nichteinhaltung der Vorschriften – im Fleisch finden", sagt Veterninärmedizinerin Käsbohrer, der betont, dass Antibiotikarückstände über verschiedene Wege auch in pflanzliche Lebensmittel gelangen können, zum Beispiel über Abwasser.

"Das Risiko durch solche Rückstände wird in der Regel aber als sehr gering beziehungsweise vernachlässigbar eingeschätzt, da Konsumenten sie über diese Nahrungsmittel in geringen Mengen aufnehmen. Die Hauptquelle dürften die Mengen an Antibiotika spielen, die der Mensch selbst zur Therapie einnimmt", so Käsbohrer.

Das eigentlich Problem sind auch insgesamt weniger die Rückstände in Lebensmitteln als die Resistenzen an sich. Resistent sind nämlich weder der individuelle Mensch noch die Tiere, sondern die Keime. "Das kann im Extremfall bedeuten, dass bei einer Infektion und Erkrankung mit einem resistenten Keim eine Therapie nur verzögert oder im Extremfall gar nicht wirkt, da der Krankheitserreger in seiner schädigenden Wirkung nicht gehemmt werden kann", so Käsbohrer. Es ginge also darum, die Tiere möglichst von Geburt an bis zur Schlachtung gesund zu halten.

Diskussion um Massentierhaltung

Das bedeutet konkret, dass die Tiere unter sehr hohen hygienischen Standards gehalten werden. Und es heißt auch, dass sie möglichst von Geburt an bis zur Schlachtung immer in derselben Gruppe bleiben sollten, weil sie so nicht immer wieder mit neuen Krankheitserregern konfrontiert werden. Auch die Reinigung und Desinfektion der Ställe spielt eine wichtige Rolle, bevor die nächste Tiergruppe hineinkommt. Damit kann eine Verschleppung von Keimen zwischen den Tiergruppen verhindert werden.

Immer wieder stellen Kritiker die Frage: Liegt das Problem denn nicht auch in der Massentierhaltung per se? "Das ist ein subjektiv besetzter, nichtdefinierter Begriff und wird oft mit jeder Form von kommerzieller Tierhaltung verbunden", so Käsbohrer, die eine Pauschalverurteilung von größeren Tierhaltungen und eine "Verklärung von Hobbyhaltungen" als nicht zielführend bezeichnet.

Jeder muss einen Beitrag leisten, so die Expertin. Auch der Verbraucher selbst – indem er bereit ist, mehr für ein qualitativ hochwertiges Lebensmittel wie Fleisch zu zahlen. (Karin Pollack, 19.11.2018)