Bild nicht mehr verfügbar.

Trauergäste bei einem symbolischen Begräbnis für den getöteten Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul am Freitagmorgen.

Foto: REUTERS/Murad Sezer

Istanbul – Laut einem Pressebericht verfügt die Türkei in dem Fall des ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi über weitere Beweise, die die Darstellung Saudi-Arabiens widerlegen.

Der einflussreiche Kolumnist Abdulkadir Selvi schrieb am Freitag in der Zeitung "Hürriyet", eine Tonaufnahme der Tat im Istanbuler Konsulat Saudi-Arabiens beweise, dass es keinen Versuch gegeben habe, mit Khashoggi zu verhandeln, sondern er umgehend nach Betreten des Konsulats am 2. Oktober erdrosselt oder erstickt worden sei.

Zudem verfügten die türkischen Ermittlungsbehörden über eine zweite 15-minütige Audioaufnahme, auf der zu hören ist, wie die Mitglieder des saudi-arabischen Mordkommandos vor der Tat ihren "vorbereiteten Plan", wie der "Washington Post"-Kolumnisten zu töten sei, durchgegangen sind, schrieb Selvi. Auch gebe es Mitschnitte von Telefongesprächen, die Mitglieder des Mordkommandos nach der Tat mit Gesprächspartnern im Ausland geführt hätten.

Grausame Details

Die Staatsanwaltschaft in Riad hatte am Donnerstag erklärt, dass der Vize-Geheimdienstchef Ahmed al-Asiri das Kommando eigentlich entsandt habe, um Khashoggi nach Saudi-Arabien zurückzubringen. Der Leiter des "Verhandlungsteams" habe aber vor Ort die Entscheidung getroffen, ihn zu töten. Der Regierungskritiker sei im Konsulat betäubt und zerteilt worden, und die Körperteile seien an einen Helfer außerhalb des Konsulats weitergegeben worden.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu bezeichnete diese Erklärungen aber bereits am Donnerstag als "unzureichend" und beharrte auf dem vorsätzlichen Charakter der Tat. Die USA verhängten ihrerseits in dem Fall Sanktionen gegen 17 Verdächtige aus Saudi-Arabien, darunter findet sich der mutmaßliche Einsatzleiter Maher Abdulasis Mutreb, der Istanbuler Generalkonsul Mohammed al-Otaibi und der königliche Medienberater Saud al-Kahtani.

Deutsche Regierung fordert Ergebnisse

Die deutsche Regierung hat gegenüber der saudi-arabischen Führung noch erheblichen Klärungsbedarf angemeldet. "Was wir brauchen, ist Klarheit und belastbare Ergebnisse", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Freitag in Berlin. Die jüngsten Maßnahmen der saudi-arabischen Staatsanwaltschaft gegen angebliche Verantwortliche der Bluttat seien nur ein Schritt in diese Richtung. "Ich glaube, es gibt noch sehr viele offene Fragen", ergänzte er. Das gelte sowohl für den Tathergang als auch für die Hintergründe und die Verantwortung dafür. "Eine solche Tat darf nie wieder passieren", forderte er.

Derzeit stimme sich die Bundesregierung mit ihren europäischen Partnern ab, wie die Schritte der saudi-arabischen Stellen bewertet und welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden sollten. Wahrscheinlich werde das Thema Khashoggi am Montag auch bei den EU-Außenministern zur Sprache kommen.

Die saudi-arabische Staatsanwaltschaft fordert wegen der Tötung Khashoggis für fünf Beschuldigte die Todesstrafe. Insgesamt wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft elf Verdächtige angeklagt. (APA, Reuters, 16.11.2018)