Das Warten auf den Paukenschlag hat ein Ende: Die 48 Misstrauensbriefe gegen Theresa May sind zusammengekommen – mindestens 15 Prozent ihrer eigenen Abgeordneten sprechen der Regierungschefin offen das Misstrauen aus. Eine Überraschung ist das nicht. Dass es das Ende ihrer Amtszeit auslöst, ist alles andere als sicher. Aber treffen wird es die britische Premierministerin allemal. May kann noch so viel herumreden, mit nationalem Interesse argumentieren und Durchhalteparolen ausgeben: Es ist und bleibt offensichtlich, dass sie weder ihre Regierung noch ihre Partei noch so richtig unter Kontrolle hat.

Dass sie trotzdem auf ihrem Kurs beharrt – vermutlich, weil sie ihn wirklich für den richtigen hält –, ringt Respekt ab. Doch bei aller Konsequenz: Wirklich glaubwürdig ist auch May nicht. Bis zum Sommer 2016 hatte sie immerhin noch für den EU-Verbleib geworben, später mit dem Slogan "Besser kein Deal als ein schlechter" Härte markiert.

Nun hat sie einen für alle Seiten der britischen Debatte schlechten Deal abgeschlossen und diesen damit verteidigt, dass er einem No-Deal-Szenario vorzuziehen sei – so lange, bis sie sehen musste, dass es ganz sicher keine Mehrheit dafür geben würde. Dann ging sie nach Brüssel, um den "nicht mehr verhandelbaren Deal" neu zu verhandeln.

Dass May in ihrer Partei nur noch wenige glauben, was sie sagt, muss daher nicht verwundern. Das ist deshalb fatal, weil die Premierministerin mit dem Argument, dass ihr Deal besser sei als keiner, zweifellos recht hat. Aber wie soll May das den Britinnen und Briten noch glaubhaft machen, wenn sie vorher mindestens zwei andere Meinungen propagiert hat?

Außerdem bleibt unklar, was die geniale Langzeitstrategie sein soll, die manche May nachsagen: Die Premierministerin, so eine These, opfere ihr Amt zum Wohle ihres Landes, sie sei bereit, auf ihre Macht zu verzichten, um die Katastrophe eines ungeregelten Brexits von Großbritannien fernzuhalten.

Wie das gehen soll, ist noch unsicherer als je zuvor: Wenn May stürzt, wäre der Ausstiegsdeal wohl tot. Bleibt also nur ein Ausweg: ein zweites Referendum. Doch das hat zwei Makel: Erstens ist es demokratiepolitisch sehr fragwürdig, so lange abstimmen zu lassen, bis das Ergebnis der Regierung zupasskommt. Und zweitens hat May bisher ein zweites Referendum immer ausgeschlossen. Aber sie hat ihre Meinung ja schon öfter geändert – und womöglich zählt diese auch bald nicht mehr. (Manuel Escher, 12.12.2018)