Magdalena Bäuerl im ugandischen Bundesstaat West-Nile.

Foto: Rotes Kreuz

Vor allem für Frauen und Mädchen sind getrennte Toiletten wichtig – durch sichere Sanitäreinrichtungen sinkt das Risiko von Vergewaltigungen.

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"Flush and forget" – also "Runterlassen und vergessen", ist ein Luxus, den die Bevölkerung der Industriestaaten genießt. Einmal auf der Toilette gewesen, muss man sich in der westlichen Welt keine Gedanken mehr über den Weg machen, den die Ausscheidungen anschließend nehmen.

Der Wienerin Magdalena Bäuerl ist dieser Luxus unter anderem durch ihren Einsatz in Uganda bewusst geworden. Dort ist sie für das Österreichische Rote Kreuz Spezialistin für Wasser-, Siedlungs- und Hygieneversorgung und arbeitet etwa daran, dass die Menschen in der Region West-Nile im Nordwesten des Landes sich in Zukunft weniger Gedanken über ihre Exkremente machen müssen und vor allem mit damit verbundenen Erkrankungen.

Noch immer hat nämlich 62,5 Prozent der Weltbevölkerung keinen Zugang zu sicheren Sanitäranlagen. 892 Millionen Menschen verrichten ihre Notdurft weltweit im Freien und 1,8 Milliarden Menschen nutzen eine Trinkwasserquelle, die mit Fäkalien kontaminiert sein könnte. Mit dem heutigen Welt-Toilettentag wollen die Vereinten Nationen seit dem Jahr 2013 auf die besorgniserregende Situation aufmerksam machen.

Immerhin sterben weltweit fast 500.000 Kinder an Durchfall, Cholera oder Typhus – alles Krankheiten, die durch Fäkalien übertragen werden. Sauberes Wasser und saubere Sanitäreinrichtungen sind auch eines der 17 nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, auf die sich alle 193 Mitgliedsstaaten im Jahr 2015 geeinigt haben. Bis 2030 sollen auf diese hingearbeitet werden, um die Welt nachhaltig zu verbessern.

Latrine für eigenes Land

In Uganda hilft das Rote Kreuz mit der Unterstützung der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit gut einer Million Menschen, die wegen der Gewalt aus dem Südsudan in das südliche Nachbarland geflohen sind. Die Flüchtlinge erhalten bei ihrer Ankunft in Uganda von der Regierung ein Stück Land zu 900 Quadratmetern, das sie bewirtschaften können.

Doch eine Abwasser- oder Abfallentsorgung gibt es nicht. Deshalb heben die Menschen zu Beginn unter Anleitung des Roten Kreuzes einen halben bis ganzen Kubikmeter Erdreich aus und spannen eine Plane rundherum, um ein wenig Privatsphäre zu schaffen.

In einem weiteren Schritt wird ein Deckel mit einem Loch auf die Latrine gesetzt, um eine größere Distanz zwischen den Menschen und ihren Exkrementen herzustellen. Optimalerweise wird der untere Bereich mit Ziegeln versehen und wird mit einem Rohr belüftet, um den Gestank zu minimieren.

Vergewaltigungsrisiko senken

Was sichere Latrinen bedeuten, zeigt sich laut Bäuerl unter anderem auch darin, dass Frauen und Mädchen einen sicheren Ort erhalten, um sich sowohl zu erleichtern als auch ihre Hygieneprodukte während der Periode ungestört zu entsorgen. So würden Mädchen in den Schulen mit getrennten und gut beleuchteten Toiletten öfter am Unterricht teilnehmen: "Ohne einem sicheren Klo sind die Schülerinnen während ihrer Periode oft zu Hause geblieben", erzählt Bäuerl.

Untersuchungen zeigen zudem, dass für Frauen und Mädchen das Risiko steigt vergewaltigt zu werden, wenn sie gezwungen sind, sich im Freien oder auf unsicheren Toiletten zu erleichtern. Im Jahr 2012 etwa machten im indischen Bundesstaat Bihar Vergewaltigungen in sanitären Einrichtungen die Hälfte aller offiziell gemeldeten mehr als 870 Vergewaltigungsfälle aus, wie in einem Bericht der Hilfsorganisation Wateraid festgehalten wurde.

Glitzer an den Händen

Doch das Projekt des Roten Kreuzes stellt nicht nur sichere Latrinen bereit, sondern lehrt den Menschen vor Ort auch den richtigen Umgang mit Hygiene. Etwa warum Händewaschen wichtig ist.

Freiwillige Mitarbeiter aus Uganda und dem Südsudan besuchen die Bevölkerung deshalb zu Hause und arbeiten längere Zeit mit ihnen zu dem Thema. Ein langwieriger Prozess, wie Bäuerl erzählt: "Es ist ein bisschen wie das Thema Anschnallen in Österreich", sagt sie: "Vor einigen Jahrzehnten konnte sich niemand vorstellen, dass man das machen sollte. Jetzt ist es quasi automatisiert." So soll es auch mit dem Händewaschen funktionieren.

Vor allem Kindern soll gezeigt werden, wie leicht sich Bakterien und Keime ohne die richtige Hygiene verbreiten können. Dazu bestreichen sie die Hände eines der Kinder mit Glitzer und lassen die Kleinen nach und nach Hände schütteln: "Wenn sie dann sehen, dass an den Händen des 20. Kind noch immer Glitzer zu sehen ist, wird ihnen bewusst, wie wichtig Hygiene ist." (Bianca Blei, 19.11.2018)