Eine Sprungschanze als Teil eines neuen Stadions schließt Vizekanzler Strache aus. "Nicht mit uns besprochen, nie geplant."

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STANDARD: Sie haben schon bald nach Ihrem Amtsantritt das Thema Nationalstadion aufs Tapet gebracht. Warum ist Ihnen ein neues Stadion in Wien so wichtig?

Strache: Ich habe als Vizekanzler sehr bewusst auch den Sport übernommen, weil er eine wesentlich stärkere gesellschaftspolitische Bedeutung verdient. Und da sind in den letzten Jahren Fehler passiert. Man hat den Sport nur irgendwo mitgenommen, ihm nicht diese Wichtigkeit gegeben.

STANDARD: Und ein neues Stadion heißt auch gesellschaftspolitische Bedeutung?

Strache: Das muss man breiter beantworten. Nationalstadion ist bis jetzt nur ein Arbeitsbegriff. Aber seit wir darüber nachdenken, werden viele Ideen an mich und die Wiener Stadträte Peter Hanke und Peter Hacker herangetragen. Auch über die Medien werden Vorstellungen präsentiert, das zeigt mir, wie sehr das Thema Stadion die Menschen beschäftigt.

STANDARD: Braucht Wien und braucht Österreich überhaupt ein neues Stadion?

Strache: Wir sind nicht mehr die Sportnation, die wir sein wollen. Und da wollen wir wieder hin. Da gehört es dazu, die Möglichkeiten für internationale Events zu schaffen, da rede ich von einem möglichen Champions-League-Finale, aber auch von anderen Sportarten, für die man das Stadion adaptieren könnte. Ausgenommen ist nur der Laufsport – Laufbahn soll es keine mehr geben. Aber Landhockey, Tennis-Daviscup, weiß Gott was, Faustball bis hin zum Biathlon – mit einer Strecke von der Allee hinein ins Stadion -, alles vorstellbar. Jedoch sind, wenn du internationale Events ausrichten willst, gewisse Anforderungen zu erfüllen.

STANDARD: Und eine Stadt wie Wien, ein Land wie Österreich sollte solche Events veranstalten wollen?

Strache: Davon bin ich überzeugt. Weil es einen Mehrwert hat für Österreich, nicht nur für den Sport und für die Zuschauer, sondern auch für den Tourismus. Großevents geben wirtschaftliche Impulse. Ich hab das Thema Stadion in Wahrheit von meinen Vorgängern geerbt. Wir hätten vor der EM 2008 die Möglichkeit gehabt, eine neue Lösung sicherzustellen. Da wurde eine große Chance vertan. Also muss man jetzt etwas tun.

STANDARD: Wer soll ein neues Stadion bezahlen?

Strache: Der Bund und die Stadt Wien sind im Wesentlichen die, die ein neues Stadion finanzieren und die Verantwortung tragen. Und da geht es nicht um Prestige oder Wünsche einzelner Sportarten. Sondern da geht es darum, was der Sport braucht. Vielleicht finden wir einen privaten Investor, der selbst Geld in die Hand nimmt. Das wäre die ideale Variante, weil die Sache dann für den Bund, die Stadt und damit für den Steuerzahler wesentlich günstiger wird.

STANDARD: Ein bereits seit längerem kursierender Plan sieht eine in die Stadionanlage integrierte Skisprungschanze vor. Ein verfolgenswertes Konzept?

Strache: Es gibt Vorstellungen, die aus technischer Sicht unmöglich sind und die nicht mit uns besprochen wurden und nie geplant waren – wie eine Sprungschanze beispielsweise. Was braucht der Sport? Was braucht Österreich als Veranstalterland? Welches Gesamtkonzept passt zu Wien? Das sind die entscheidenden Fragen. Es wird keinen Schnellschuss geben. Wir gehen gemeinsam mit der Stadt Wien sehr überlegt an das Projekt heran. Wir überlegen uns, wie der Bau, aber auch der Betrieb auf sehr seriösen Beinen stehen kann. Das heißt aber nicht, dass wir keine Visionen haben.

STANDARD: Abgesehen davon, dass es keine Laufbahn mehr geben würde und die Stimmung bei Fußballspielen wohl besser wäre – was würde ein neues Stadion im Prater vom alten Happel-Stadion unterscheiden?

Strache: Ich würde mir einen umfassenden Mehrwert für den Sport in Österreich wünschen. Was realisierbar und finanzierbar ist, sollte an diesem Standort gebündelt sein. Das neue Stadion sollte das Herzstück des Sports in Österreich sein. Da soll eine Sportschule angeschlossen sein, ein Haus des Sports für die Sportverbände und Institutionen, ein heimisches Sportmuseum, das überfällig ist – bis hin zur Möglichkeit eines großen Konferenzzentrums. Wir haben viele Ideen und Wünsche, aber wir befinden uns erst in der zarten Phase der Vorgespräche.

STANDARD: Das Bundesdenkmalamt hat 2001 eine vorläufige Unterschutzstellung des Happel-Stadions verfügt. Inwieweit beeinträchtigt das die Überlegungen?

Strache: Der Denkmalschutz ist ja nicht wirklich vorhanden, er ist zumindest nicht endgültig festgestellt. Zunächst gehört geklärt, wie man das mit dem Bundesdenkmalamt lösen kann. So weit sind wir noch nicht. Aber dazu habe ich eine sehr, sehr gute Gesprächsebene mit den Wiener Stadträten.

STANDARD: Ihr Ziel wäre es also, das alte Happel-Stadion abzureißen und an derselben Stelle das neue Stadion errichten zu lassen?

Strache: Das wäre jedenfalls eine sehr gute Möglichkeit. Am besten wäre es, einen gemeinsamen Weg zu finden, dass der Denkmalschutz fällt. Die jetzige Situation ist unbefriedigend, wir müssen über etwas Neues nachdenken. Die Nutzungsmöglichkeit für vier, fünf Fußballspiele im Jahr ist ja wirklich nicht zweckdienlich. Wir wollen möglichst permanente Auslastung, um Einnahmen zu generieren.

STANDARD: Haben Sie, was das neue Stadion angeht, einen fixen Zeitplan?

Strache: Den kann man derzeit nur grob umreißen. Das geht sicher nicht von heute auf morgen. Positiv gedacht, kommt Anfang 2019 ein Projektvorschlag. Dann muss man sich einmal intern und mit der Stadt abstimmen, und es werden Wünsche einfließen. Dann gibt es eine Ausschreibung und einen Wettbewerb, und dann sind wir eh schon bei zwei Jahren. Und bis es zu einer Entscheidung kommen kann? Ich hoffe, dass man das Projekt in dieser Periode entscheiden und starten kann.

STANDARD: Auf einem kürzlich kursierenden Plan stand das neue Stadion nahe der Hauptallee, ihm fielen der Stadionbadparkplatz und in ihrer jetzigen Form die Meiereistraße zum Opfer. Utopie?

Strache: Das ist ganz sicher nicht mein Ansinnen. Das Stadion sollte nicht zur Hauptallee hinrücken.

STANDARD: In der Nähe befindet sich die Trabrennbahn Krieau, von deren wirtschaftlichen Problemen zu hören ist. Spielt das Areal in Ihren Überlegungen eine Rolle?

Strache: Damit haben wir uns noch nicht genau auseinandergesetzt. Aber neben einem neuen Stadion ist natürlich eine neue große Multifunktionshalle ein Thema. Wir wissen alle, die Stadthalle ist in die Jahre gekommen, und zu klein ist sie auch. Allein bei den Erste Bank Open hätte man viel mehr Karten verkaufen können. Die Stadthalle ist nicht mehr zeitgemäß, wie das Happel-Stadion.

STANDARD: Wo könnte eine neue Halle stehen?

Strache: Dazu gibt es ja auch Gespräche mit der Stadt. Möglicherweise in der Seestadt Aspern, das wäre durchaus attraktiv. Aber da gibt es unterschiedliche Überlegungen. Vielleicht redet auch da ein Investor mit. In anderen Ländern gibt es Multifunktionshallen, die allein von Investoren geplant und finanziert wurden, ohne öffentliche Steuergelder. Diese Investoren können an, Hausnummer, 75 Tagen im Jahr mit der Halle machen, was sie wollen. Und ansonsten steht die Halle der Öffentlichkeit zur Verfügung.

STANDARD: Reicht es, den Bau eines neuen Stadions und einer Halle zu erwägen oder auch durchzusetzen, um dem Sport die Bedeutung zu geben, die er in Ihren Augen verdient?

Strache: Wir präsentieren Anfang Dezember die "Sportstrategie Österreich", die wir mit vielen Experten erarbeitet haben. Sie umfasst die wesentlichen Bereiche, beginnend beim Schul- über den Breitensport bis zum Spitzensport, und natürlich auch die Sportstätteninfrastruktur. Da sehen wir dann, wie wir vorgehen müssen, damit wir wirklich wieder zu einer Sportnation werden können. (Fritz Neumann, 17.11.2018)