Dieser Tatort wirkt durch seine Stimmung. Ton, Bild, Licht und Musik rahmen diese von Benjamin Hessler und Florian Oeller klug aufgebaute und von Samira Radsi sorgfältig inszenierte Story ein, in der es um den Schutz des Privaten um jeden Preis geht.

Foto: ORF/ARD/Sandra Hoever

Herr Kranzbichler hat nicht nachgedacht. Er wollte sein Heim verteidigen, das Haus seiner Eltern, in dem er bis heute lebt. "Das hast du getan", sagt sein Bruder (Andreas Lust). Und jetzt? Liegt im Wohnzimmer ein Toter.

"Mein Bruder hat den Drecksack abgeknallt, um sein eigenes Leben zu retten", lautet die Begründung. Und die Polizei? Kommt ja immer zu spät. Später werden die Nachbarn vor Herrn Kranzbichlers (Jörg Pose) Haus applaudieren: Endlich hat jemand die Einbrecherserie gestoppt.

Es sind Grundsatzfragen, denen sich die Hamburger Kommissare Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz) im Tatort mit dem Titel Treibjagd am Sonntag stellen müssen: Muss man sich nicht selbst helfen, wenn es sonst niemand tut? Wer schützt uns vor den Beschützern? Und, momentan sehr beliebte Frage im Tatort: Macht uns das Internet zu schlechten Menschen?

Denn bevor Herr Kranzbichler zur Waffe griff und abdrückte, wurde in Foren gepostet und gehetzt, und danach geht es mit unverminderter Härte weiter. Die Wutbürger verlangen nach Recht und Ordnung. Gefangene werden in sozialen Medien keine gemacht. Das müssen auch Falke und Grosz lernen.

Dieser Tatort wirkt durch seine Stimmung. Ton, Bild, Licht und Musik rahmen diese von Benjamin Hessler und Florian Oeller klug aufgebaute und von Samira Radsi sorgfältig inszenierte Story ein, in der es um den Schutz des Privaten um jeden Preis geht. Vor dem Thema ist übrigens niemand gefeit, sogar der Kommissar selbst nicht: Wenn er seinen Sohn beim Pornos schauen erwischt und maßregelt. Und schon gar nicht die Opfer. Sie schlagen zurück. (Doris Priesching, 17.11.2018)