Foto: Blizzard

Dass eine bekannte Spielereihe auch zu einem Mobile Game wird, scheint verlässlich den Ärger der Fans der jeweiligen Serie zu provozieren. Jüngstes Beispiel war Diablo: Immortal. Das kommende Hack-'n'-Slay-RPG für Smartphones und Tablets, das Blizzard auf seiner Hausmesse enthüllte, sorgte für einigen Backlash.

"What ails you, my friend?"

Zum Teil kann man das natürlich verstehen. Denn im Vorfeld wurde, wenn auch nicht von Blizzard selbst. Kolportiert, dass Diablo 4 gezeigt werde. Sechs Jahre nach Release des dritten Teils dürsten die Freunde des höllischen Abenteuers verständlicherweise nach einer Fortsetzung. Dass nach diesen Leaks "nur" ein Mobile Game gezeigt wurde, ist verständlicherweise frustrierend.

Die Reaktionen der Blizzcon-Besucher bei einer Fragerunde zu "Diablo: Immortal" waren wenig erfreut.
Diablo3Inc

Aber: Blizzard hat schon vor der Blizzcon betont, dass man an "mehreren Projekten" für die Diablo-Reihe arbeitet. Somit ist Diablo: Immortal keine Absage an Diablo 4. Und es gibt für ein Spielestudio keinen Grund, ein in den kommenden Monaten erscheinendes Mobile Game zu verschweigen.

Ebenso ist ein Game für Android und iOS auch keine Abwertung einer etablierten Serie. Am Ende kommt es auf das jeweilige Game an, nicht auf die Plattform. In puncto Leistung und vielen anderen Aspekten hat die Hardware in diesem Bereich in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Das beweist auch Nintendos Switch, deren Basis ein für Tablets gedachter Chip ist.

Verschobene Grenzen, lernfähige Spieler

Die Zeiten, in denen 2D-Knobelgames à la Candy Crush die Grenze des Machbaren darstellen, sind längst vorbei. Grafisch können die Games mitunter Spiele der Xbox 360- und PS3-Ära übertrumpfen, die kleineren Displays helfen, die Defizite auf aktuelle Kracher für Konsolen und PCs zu kaschieren. Davon abgesehen ist Grafik natürlich nicht alles. Das Zelda: Breath of the Wild mag visuell nicht besonders detailliert sein und nur in 720 p dargestellt werden, dennoch wird es unisono als "schönes" Game gesehen.

Diablo

Gerne wird auch argumentiert, dass sich auf Touchscreens keine vernünftige Steuerung umsetzen lässt. Das Argument sticht aber längst nicht für jedes Genre. Gerade MOBAs oder Action-RPGs in isometischer Perspektive lassen sich sehr wohl gut auf solchen Geräten umsetzen und somit spricht hier auch nichts gegen einen Diablo-Ableger.

Und letztlich sind auch die Spieler selbst lernwillig und anpassungsfähig. Gamecontroller mögen nicht das idealste Eingabegerät für Egoshooter sein und verlieren den Vergleich mit Maus und Tastatur hinsichtlich Tastatur wohl klar. Dennoch spielen Abermillionen Gamer Call of Duty und Battlefield auf Konsolen. Die Battle-Royale-Shooter PUBG und Fortnite finden auch in ihrer mobilen Version großes Publikum. Smartphones und Tablets sind ein wichtiger Teil der Gaming-Zukunft.

Gegenbeweise

Überhaupt: Das weltweit am meisten frequentierte Game, das MOBA Arena of Valor, ist für Handys und Tablets gemacht. Über 200 Millionen Teilnehmer treten in diversen Spielmodi gegeneinander an. Das Masse-Argument ist freilich mit Vorsicht zu genießen, aber würden Steuerung und Gameplay nicht grundlegend gut funktionieren, wäre es seit seinem Launch 2016 nicht so erfolgreich geworden.

Fun Fact: Der Publisher Tencent hatte eigentlich seine US-Tochter Riot Games gebeten, eine mobile Version von League of Legends umzusetzen. Dort hat man verneint, weil man der Ansicht war, Games dieser Art ließen sich nicht für mobile Plattformen umsetzen. Timi Studio, das auch PUBG Mobile umgesetzt hat, ist der Gegenbeweis gelungen. Der Touchscreen ist kein Hindernis – und für manche Genres sogar vorteilhaft – wenn man als Spielemacher damit umzugehen weiß.

Diablo

Free2Play ist nicht immer böse

Als Begründung für den Zorn auf Mobile Games wird gerne auch das Free2Play-Monetarisierungsmodell aufgeführt. Ja, viele Handygames greifen darauf zurück, was aber auch daran liegt, dass kaum jemand bereit ist, auch nur kleine zweistellige Beträge für ein "vollständiges" Spiel auszugeben. Diese Form der Finanzierung findet sich auf anderen Plattformen ebenso und ist auch nicht per se böse.

Auch hier kommt es auf die Umsetzung an. Wenn der Spielfortschritt künstlich verlangsamt wird, wenn man kein Echtgeld ausgibt (so geschehen bei EAs mobiler Umsetzung von Dungeon Keeper) oder man sich spielerische Vorteile erkaufen kann, kann man ein Spiel zurecht kritisieren, weil das Gamedesign völlig dem Geschäftsmodell untergeordnet wird. Hat ein Titel aber einen großen Basisumfang und es geht um Zusatzinhalte, die keinen spielerischen Vorteil bringen, gibt es gegen Free2Play nicht viel einzuwenden.

Viele Millionen spielen nur "Mobile"

Wie das Ganze bei Diablo: Immortal umgesetzt sein wird, bleibt abzuwarten. Der Zorn auf das Spiel nur aufgrund der gewählten Plattform ist völlig fehl am Platz und zeugt von einer gewissen Abgehobenheit selbsternannter Hardcore-Gamer, die Handys und Tablets nicht als vollwertige Spieleplattformen akzeptieren, weil sie sie schlicht selbst kaum bis gar nicht als solche nutzen. Es erinnert an die Frühzeit von Xbox und Playstation, als die "PC Master Race" erst einmal verächtlich auf die "Konsolenbauern" herabschaute.

Es ist natürlich legitim, nicht auf diesen Geräten spielen zu wollen. Für viele Millionen Menschen sind sie aber sogar die wichtigste Gaming-Plattform. Denn sie haben nicht den Luxus, auch noch eine Konsole oder spieletauglichen PC zu besitzen. Den Spaß am Spielen raubt ihnen das trotzdem nicht.

Das Intro des ersten "Diablo"-Teils.
EpicentrumDiablo

"The gods are in all things"

Womit sich der Kreis schließt. Am Ende des Tages ist es egal, ob ein Game bombastische Grafik und realistische Physikeffekte liefert oder ob man es mit Maus und Tastatur, Controller oder am Touchscreen spielt. Ein Spiel ist gut, wenn es Freude macht. Die Lust am Zocken ist es, die uns in diesem Hobby eint.

Und wenn Diablo: Immortal die düstere Atmosphäre und das zugängliche Spielprinzip der altehrwürdigen Reihe auf Handys und Tablets bringt, dann ist das ein Gewinn für alle Gamer, denn der damit erzielte Gewinn kommt auch anderen Titeln zugute. Und wenn es sich als mikrotransaktionsverseuchtes Billig-Machwerk herausstellt, kann man seinem Ärger immer noch – und zu Recht – Luft machen. (Georg Pichler, 23.11.2018)