Wo die Kinder schlafen heißt ein berührender Bildband des Fotografen Magnus Wennman. Entstanden entlang der Flüchtlingswege quer durch Europa, wurden diese Schlaglichter zum Ausgangspunkt eines Tanz- und Musiktheaterprojekts im Dschungel Wien, das in Kooperation mit Wien Modern realisiert wurde. Tänzerinnen und Tänzern bevölkern mit fünf Kindern eine seltsame Waldlandschaft. Und die Choreografie von Corinne Eckenstein und Sanja Tropp Frühwald modelliert mit ihnen bedrückende Szenen, die mit der Leichtigkeit des Traums und der Überschwänglichkeit ausgelassenen Spiels verbunden werden.

Bei Über uns nur der Himmel weicht die alte Theatermetapher von Koffern (auf der Bühne) einem Schock, wenn die jungen Darsteller den Gepäcksstücken entsteigen und in eine ambivalente Erlebniswelt eintreten: Ihre Ängste materialisieren sich in merkwürdigen Zottelwesen. Diese können eine dunkle Bedrohung darstellen oder sich zu Objekten kuscheliger Geborgenheit verwandeln.

Melancholie tanzt

Die Metapher der "Zugvögel" erlaubt Verwandlungen der Menschen in Vogelwesen und in Clowns einer schillernden Zirkusszene. Dabei "tanzen" Melancholie und Heiterkeit miteinander, getragen vom Interagieren der erwachsenen und der kindlichen Tänzer.

Sie changieren zwischen Ausdruckstanz und Spiel. Dabei umgarn sie das Koehne Quartett (u.a. mit Musik von Angelica Castello bis György Ligeti, Max Nagl, Werner Pirchner). Kurzum: Zu erleben war eine atmosphärisch dichte Stunde, die nachdenklich stimmt und jenes Mitgefühl zu wecken vermag, das im politischen Diskurs unserer Tage so sehr verdrängt wird.

Für ein Publikum ab acht Jahren ersonnen, wäre dieses wichtige Plädoyer für die Menschlichkeit auch so manchem Großen sehr dringend ans Herz gelegt. (daen, 16.11.2018)