Zverev und ein großer Wurf.

Foto: Action Images/TONY O'BRIEN

London – Alexander Zverev hat bei den ATP-Finals London für eine Überraschung gesorgt und als erster Deutscher seit Boris Becker vor 22 Jahren beim Abschluss der Tennis-Saison das Endspiel erreicht. Der 21-Jährige besiegte am Samstag im Halbfinale sein Vorbild Roger Federer mit 7:5,7:6(5) und steht unerwartet im Finale.

Im Endspiel am Sonntag trifft der gebürtige Hamburger auf den Gewinner des zweiten Halbfinales zwischen dem serbischen Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic und Kevin Anderson aus Südafrika.

Federer, der die ATP-Finals schon sechsmal gewonnen hat, muss damit weiter auf seinen 100. Titel auf der ATP-Tour warten. Die Entscheidung fiel im Tiebreak des zweiten Satzes. Weil ein Balljunge mitten im Ballwechsel den Ball fallen ließ, beschwerte sich Zverev zurecht, so dass der Punkt wiederholt werden musste. Federer intervenierte beim Schiedsrichter, doch die Entscheidung war korrekt. Zverev erhielt reglementskonform nochmals einen ersten Aufschlag – und schlug ein Ass. Der Deutsche gewann auch die nächsten zwei Punkte und nutzte nach 1:34 Stunden seinen zweiten Matchball mit einem Volley.

Pfiffe für Zverev

Ein Teil der Zuschauer, die mehrheitlich den 37-jährigen Schweizer unterstützt hatten, pfiff Zverev daraufhin beim Siegerinterview aus. Doch die deutsche Nummer eins löste die Situation erstaunlich souverän. "Es tut mir leid, ich wollte keinen enttäuschen hier", sagte Zverev. "So sind nun einmal die Regeln und Roger hat meine Entschuldigung am Netz auch bereits angenommen."

Zverev zeigte im sechsten Duell mit seinem Idol von Beginn an eine hoch konzentrierte Leistung. Er schlug sehr gut auf und ließ im ersten Durchgang keinen Breakball zu. Da auch Federer zunächst keine Probleme beim eigenen Service hatte, lief alles auf eine Entscheidung im Tiebreak hinaus. Doch dann schlug Zverev zu und nahm dem Schweizer zu Null den Aufschlag zum Satzgewinn ab.

Zu Beginn des zweiten Abschnitts ließ die Konzentration bei Zverev ein bisschen nach. Federer nutzte das sofort und schaffte das Break zum 2:1. Doch Zverev schaffte postwendend das Re-Break, was letztlich ins Tiebreak führte. Dort behielt Zverev die Nerven. "Ich bin natürlich sehr stolz. Mein Team und ich haben sehr hart dafür gearbeitet", sagte Zverev, der bisher drei Turniersiege der Masters 1000-Kategorie als Höhepunkte zu Buche stehen hat.

Vor Zverev war Becker der letzte Deutsche im Endspiel des ATP-Finals. 1996 verlor das deutsche Tennis-Idol in Frankfurt am Main im Finale gegen den US-Amerikaner Pete Sampras. Im Jahr zuvor hatte Becker das prestigeträchtige Event als bisher letzter Deutscher gewonnen. (APA, 17.11.2018)