Foto: Florian Rainer

Am Montag startet zum 14. Mal die Vienna Art Week, heuer unter dem Motto "Promising Paradise". Ein Gespräch mit dem künstlerischen Leiter Robert Punkenhofer über die Wandlung des Festivals und die Ziele eines solchen Veranstaltungsbündels, das die Kräfte von Galerien, Museen, Kunsthäusern und den zahlreichen Alternative Spaces der Stadt vereint.

STANDARD: 2005 fand die erste Vienna Art Week statt. Da war es noch ein Programm für wenige Opinion-Leader. Was gab den Ausschlag, es später mehr zu öffnen?

Punkenhofer: Die ursprüngliche Version war, 200 bis 300 Opinion-Leader aus der ganzen Welt nach Wien zu lotsen, damit sie Wien kennenlernen, da die Stadt nicht auf der International Art Map verankert war. Viele andere Städte waren damals stärker gehypt. Mexico City und Johannesburg waren gerade sehr in. Daher haben wir gesagt, wir müssen etwas machen. Denn es passiert so viel, es gibt spannende Inhalte und starke Institutionen, Wien steht Berlin oder Paris da in nichts nach. Wir sind war keine Super-Kunstmetropole wie New York, London oder Tokio, aber als Musikstadt zu konservativ positioniert. Machen wir eine Aktion, wo wir alle großen Institutionen einbinden und interessante Leute aus dem Ausland holen und ganz exklusiv einen Blick hinter die Kulissen Wiens bieten.

STANDARD: Was hat daran nicht funktioniert?

Punkenhofer: Die Kunstbotschafter waren alle begeistert, das Feedback war sehr positiv. Aber in Wien waren wir in den ersten drei Jahren noch nicht angekommen. Es war viel Überzeugungsarbeit hinter den Kulissen nötig, galt es doch, ein gemeinsames Programm aufzustellen. Anfangs fand die Vienna Art Week noch parallel zur Gegenwartsmesse Viennafair statt. Von der Positionierung war das schwierig, denn uns ging es um die Inhalte und der Messe natürlich primär um den Markt und ums Verkaufen. Wir wurden als fantastisches VIP-Programm einer regionalen Messe wahrgenommen. Daher haben wir beschlossen, uns zu öffnen, in Richtung Festival zu gehen. Vom Wachstum her hat es, glaube ich, beiden gutgetan, der Messe und der Art Week.

STANDARD: Ist es gelungen, Wien mit dieser Öffnung auf die internationale Kunstlandkarte zu bringen?

Punkenhofer: Mit der Öffnung ist das sicher stärker gelungen. Ich bin immer noch nicht zufrieden, obwohl es einen Unterschied macht, ob wir im ersten Jahr 300 Besucher hatten und jetzt über alle Veranstaltungen mehr als 30.000. Zumindest auf Facebook sind die Hälfte der Besuche aus dem nichtdeutschsprachigen Ausland.

STANDARD: Was bedeutet das? Was ist das Ziel?

Punkenhofer: Was ich mir wünsche, ist, dass heimische Künstler noch viel mehr in internationalen Ausstellungen vertreten sind, heimische Kuratoren noch viel stärker international Flagge zeigen, dass Ausstellungen, die hier generiert werden, ins Ausland weiterziehen. Diese Form von Vernetzung wünsche ich mir. Ich kann mich erinnern, dass Wien, als die Festwochen noch wirklich Großausstellungen gemacht haben, etwa mit Der zerbrochene Spiegel von Hans Ulrich Obrist im Jahr 1993, stärker präsent war.

STANDARD: Das heißt, die Vienna Art Week will ein Kunstfestival sein wie die Festwochen, aber ohne eigene Ausstellungen?

Punkenhofer: Nein, das war nie die Vision. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir das Budget eines großen Festivals hätten. Die Vision war immer, das zu zeigen, was schon da ist, und das zu vernetzen und zu kommunizieren – international wie auch hier in Österreich. Und auch die Bedeutung der bildenden Kunst der österreichischen Politik stärker zu kommunizieren.

STANDARD: Sie wünschen sich möglichst viele Eröffnungen während der Vienna Art Week. Warum eigentlich?

Punkenhofer: Ein Festival kann nur sein, wer wirklich spannende Inhalte bringt, die auch speziell während der Laufzeit eröffnen. In den letzten Jahren ist hier schon ein Festivalcharakter entstanden, ohne dass wir jedes Jahr selber eine Großausstellung machen wie damals im Kunsthaus, im Telegraphenamt oder im Freud-Museum. Das gelingt uns budgetär einfach immer nur so alle drei bis vier Jahre. Heuer zum Beispiel positioniert die Akademie der bildenden Künste gemeinsam mit dem Mumok das Symposium Tracking the Roots of Modernism während der Art Week, und die Angewandte eröffnet die Jahresausstellung The Essence.

STANDARD: Wie ist das denn mit internationalen Gästen. Kommen die? Gibt es da eine Einladungspolitik? Und wer kommt da?

Punkenhofer: Wir haben am Anfang wirklich das Budget genutzt, um Leute einzufliegen. Das machen wir nicht mehr. Die großen Häuser laden jeweils einen internationalen Gast ein. Es sind auch Sammler dabei, aber eigentlich eher Kuratoren, Künstler, ganz unterschiedlich. Wir machen da keine Vorgaben. Was uns auszeichnet, ist der Spannungsbogen. Wir featuren jetzt nicht nur Cutting Edge Contemporary Art, sondern eben Kunst vom Barock bis ins Heute.

STANDARD: Und kommen auch internationale Gäste ohne Einladung?

Punkenhofer: Ja, ja. Absolut. Es gibt Sammlerrunden aus London, Paris et cetera, die sagen: "Okay, fantastisch, wir kommen!" Sogar Galeristen, die uns immer auch sehr kritisch gegenüberstanden, sagten mir, dass wirklich sehr viele Leute, die sonst nie bei ihnen aufgetaucht sind, da waren. Jeder merkt, die Dynamik ist anders als sonst. (Anne Katrin Feßler, 19.11.2018)