Theresa May am Mittwoch in Downing Street 10 vor Journalisten.

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Schulter an Schulter mit ihren Kollegen steht sie da, ihre Augen in die TV-Kamera gerichtet. Und nur dorthin. Denn sie ist der Gesprächspartner, der volle Aufmerksamkeit fordert – und auch bekommt. Hinter der Livereporterin ist die schwarze Tür mit der Nummer zehn zu sehen – eine berühmte Adresse in der Londoner Downing Street. In diesem Haus wird dieser Tage europäische Geschichte geschrieben.

Bloß: Wie geht diese Geschichte? "Was passiert gerade jetzt im Büro von Theresa May?", fragt der besorgte Kollege im Studio. Die Livereporterin mag tatsächlich einiges wissen, vielleicht sogar eine diskrete Quelle hinter der schwarzen Tür haben. Doch um die Frage des Kollegen beantworten zu können, bräuchte sie jetzt eine Kristallkugel. Die Heldin des Liveeinstiegs bleibt cool, tippt bloß kurz auf den Stöpsel im Ohr, blickt fragend in die Kamera. "Sorry, David, würde es Ihnen etwas ausmachen, Ihre Frage zu wiederholen?" David spielt mit, wiederholt, weiß, dass die Kollegin da draußen einwandfrei verstanden hat und bloß ein paar Zehntelsekunden braucht, um sich eine Antwort zurechtzulegen.

Zeit will totgeschlagen werden

"Danke, David, ja, jetzt kann ich Sie wieder gut hören ... Leitungsprobleme ... Nun, noch wissen wir hier nichts Genaues, aber ..." – und weiter geht es. Zeit will totgeschlagen werden, bis endlich Tür Nummer zehn aufgeht, die Regierungschefin ans Mikrofon tritt und ihre Erklärung abgibt. "Was bedeutet das nun für den Brexit?", fragt David im gemütlichen Studio. Die Livereporterin zuckt nicht mit der Wimper, zuckt nicht mit der Schulter, tippt nicht auf den Ohrstöpsel: Sie blickt Millionen von Zuschauern direkt in die Augen und beginnt zu reden. Ein echter Profi. (Gianluca Wallisch, 19.11.2018)