Frankfurt/Wien – Der Bitcoin-Ausverkauf ging weiter: Der Kurs der Cyber-Devise fiel am Dienstag zeitweise um zwölf Prozent auf ein 14-Monats-Tief von knapp unter 4200 Dollar (3675 Euro), bevor sich der Kurs wieder auf etwas höherem Niveau stabilisieren konnte. Am Mittwoch lag der Kurs bei über 4.400 Dollar. Dennoch summierte sich das Minus seit vergangener Woche auf rund ein Viertel – der größte Kursrutsch seit einem Dreivierteljahr. Auch andere Digitalwährungen verbuchten zweistellige Kursverluste.

Ausverkaufstimmung

"Der Kryptowährungsmarkt wird von Panikverkäufen heimgesucht", sagte Analyst Salah-Eddine Bouhmidi vom Brokerhaus DailyFX. Ein Ende dieser Talfahrt ist seiner Meinung nach vorerst nicht in Sicht. Auch Marktanalyst Fawad Razaqzada vom Online-Broker Forex.com äußerte sich pessimistisch. "Die Euphorie ist verflogen. Eine Menge Leute hat das Interesse verloren." Im vergangenen Jahr hatte der Bitcoin-Kurs zeitweise 2000 Prozent zugelegt und kurz vor Weihnachten mit etwas unter 20.000 Dollar ein Rekordhoch markiert.

Das Internetportal Coinmarketcap.com beziffert den Wert der insgesamt fast 2100 Kryptowährungen und Token derzeit mit nur noch rund 155 Milliarden Dollar. Das sind mehr als 50 Milliarden weniger als noch vor einer Woche. Vor einem knappen Jahr, als sich die Blase der Kryptowährungen unmittelbar vor ihrem Platzen befand, hatte der Marktwert aller Digitalwährungen noch bis zu 830 Milliarden Dollar betragen.

Am Markt kursieren zahlreiche Gründe für die Kursschwäche. Dazu zählt in erster Linie das vergebliche Warten vieler Bitcoin-Anhänger auf die Einführung eines börsengehandelten Indexfonds (ETF) auf Bitcoin. Hinzu kam in letzter Zeit die Aufspaltung von Bitcoin Cash. Diese Kryptowährung war einst selbst nach einer Aufspaltung aus Bitcoin hervorgegangen.

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Bitcoins kleiner Bruder

Die Gründe der Talfahrt orten viele Experten bei diesem "kleinen Bruder". Die mit 6,3 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung viertgrößte Kryptowährung verlor alleine in den letzten sieben Tagen knapp ein Drittel ihres Werts. Nachdem der Kurs von Bitcoin Cash Anfang November bis auf knapp 650 Dollar gestiegen war, notiert die Bitcoin-Alternative zur Berichtszeit bei 360 Dollar.

Grund dafür ist laut Experten ein Kampf der Schürfer ("Hash War"), der innerhalb der verschiedenen Lager der Bitcoin-Cash-Anhänger ausgebrochen ist. Dabei gehe es vereinfacht gesagt darum, wer nach einer Abspaltung die bisherige Blockchain für sich beanspruchen kann, schreiben die Experten der Falcon Private Bank in einer Publikation von letzter Woche.

Von seinem Rekordhoch bei 20.000 Dollar im Dezember 2017 ist der Bitcoin-Kurs weit entfernt,
Foto: APA/KAREN BLEIER

Auswirkungen auf den gesamten Markt

Angesichts der mittlerweile großen, aber vielfach umstrittenen Bedeutung von Bitcoin Cash dürfte der Ausgang dieses Kampfes große Auswirkungen auf den gesamten Kryptomarkt haben. "Das ist ein sehr wichtiges Thema für die gesamte Krypto-Gemeinde", betonen die Falcon-Experten. Der Vorgang sei ein erneuter Test der Überlebensfähigkeit der dezentralen Strukturen und technischen Prinzipien von Kryptowährungen.

Dass die Wirren rund um die Bitcoin-Alternative auf den ganzen Markt durchschlagen, hat laut Experten mehrere Gründe. Die Auseinandersetzungen um Bitcoin Cash seien aber sicherlich der Startschuss für die breite Ausverkaufswelle gewesen, sagte Julien Hawle von der Frick-Bank der Nachrichtenagentur AWP.

"Seit der Abspaltung zeigt sich, dass die im Vorfeld unklare Informationslage nun für große Unsicherheit im Markt sorgt", so Hawle. Hinzu komme, dass der Hash War zwischen den Bitcoin-Cash-Lagern beide Seiten viel Geld koste: "Um die momentan hohen Mining-Kosten zu decken, könnten die Kontrahenten gezwungen sein, ihre Bestände an Bitcoins zu veräußern, um ihre Kriegskassen zu füllen", erklärte der Blockchainexperte. Das bedeutet laut Hawle, dass der Verkaufsdruck bei Bitcoin anhalten dürfte, solange nicht klar ist, wer den Kampf um Bitcoin Cash gewonnen hat. (Reuters, APA, aha, 20.11.2018)